Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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gesehen wurde, das aber vom BGB. als öffentlich-rechtlich erkannt und des- 
halb nicht berührt worden ist. Hierher gehört auch die Frage, die O. MAYER 
aufwirft, inwieweit die Landesgesetzgebung bei der Bestimmung öffentlicher 
Sachen freie Hand habe. Sie könne jedenfalls nicht beliebig irgend welche 
Sachen der Herrschaft des BGB. entziehen. Eine gemeine deutsche Rechts- 
idee von dem, was Öffentliche Sache sein könne, werde vorausgesetzt. Ich 
erinnere in diesem Zusammenhange an die Strassen und Wasserläufe, die 
mehreren Staaten gemeinsam sind. In Hamburg gibt es Strassen sowohl 
wie Öffentliche Gewässer, deren Anlieger auf der einen Seite in Hamburg, 
auf der andern in Preussen wohnen. Hier liegt eine Quelle schwieriger 
Fragen der Gesetzeskollision für Rechtsverhältnisse, die mit der im gemein- 
samen Öffentlichen Gebrauche stehenden Strasse zusammenhängen. 
Uebrigens ist, soviel ich sehe, auch von den Gegnern der öffentlich- 
rechtlichen Auffassung kaum je behauptet worden, dass das Eigentum an 
den öffentlichen Sachen das gewöhnliche kigentum des Privatrechts sei; 
es wird vielmehr anerkannt, dass es ein durch die öffentliche Bestimmung 
der Sache beschränktes Eigentum sei®. Und wenn DERNBURG@ ’ annimmt, 
dass die öffentlichen Sachen einem Sonderrecht unterliegen, das sie ausser- 
halb des Privatrechts stellt, so ist es begreiflich, dass O. MAYER® diesen 
Gelehrten als Vertreter der Lehre vom öffentlichen Eigentume und Vorläufer 
KIsELEs betrachtet. DERNBURG selbst wird hiermit kaum einverstanden 
sein, da er in EISELEs Lehre einen Rückfall in KELteErs Theorie des blossen 
Hoheitsrechts erblickt. Die Meinungsverschiedenheit scheint hiernach 
mehr darin zu bestehen, ob die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen oder 
die dingliche Herrschaft des Staates über die Sachen in den Vordergrund 
zu stellen sind. Wird auch diese dingliche Herrschaft als öffentlich-recht- 
lich erkannt, so entsteht das „öffentliche Eigentum“ im Sinne der Lehre 
von EISELE und Orrto MAYER. 
Es kann nicht geleugnet werden, dass diese Lehre '' mehr und mehr 
Anerkennung findet!!, und ich kann bezeugen, dass sie auch in der Ver- 
waltungspraxis manche Anhänger hat. Dass sie von O. MAYER „in glän- 
zender Weise* entwickelt sei, erkennt auch der Verfasser an (S. 15 Anm.), 
aber er meint, dass alle Ausführungen MAYERs, wenn man von dem Gebiete 
des französischen Rechts absehe, in der Luft schweben, dass sein Standpunkt 
dem gemeinen und dem preussischen Rechte fremd sei. Ich bin anderer 
° WINDSCHEID, STUBBE u.a, ın. 
” Pandekten, $ 71. 
° Verwaltungsrecht II $ 35 N. 13. 
° Pandekten, 871 N. 6. 
‘0 Die sich übrigens schon bei SCHwAB (im Arch. f. d. civil. Prax. Bd. XXX 
1847, Beilage S. 31 ff.) findet. 
'ı S. auch KoEHNE, Verwaltungsarchiv Bd. VIII S. 124. 
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