Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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rungen derselben doch verschieden. Indessen ist der Schluss ge- 
rechtfertigt, dass, wenn sich in den andern Verfassungen allge- 
mein Vorschriften des Inhalts, dass gegen die Abgeordneten auch 
civilrechtliche Ansprüche auf Grund ihrer Aeusserungen in den 
Kammern nicht erhoben werden dürfen, nicht finden, man auch 
in der Verfassung des Reiches der Immunität eine solche Aus- 
dehnung nicht hat geben wollen. Jedenfalls hätte man dieses 
klar aussprechen müssen, wenn es die Absicht gewesen wäre. 
Bestätigt wird diese Ansicht dadurch, dass sich ın der pri- 
vatrechtlichen Gesetzgebung, namentlich im BGB., kein ent- 
sprechender Vorbehalt für die Mitglieder der gesetzgebenden Ver- 
sammlungen der Einzelstaaten findet. Wenn man der Ansicht 
gewesen wäre, dass der Art. 30 sich auch auf privatrechtliche 
Ansprüche beziehe, so hätte man in den privatrechtlichen Ge- 
setzen ohne Zweifel ein ähnliches Privilegium für die Mitglieder 
dieser gesetzgebenden Versammlungen statuiert und diese auch 
bezüglich ihrer berufsmässigen Aeusserungen nicht den allge- 
meinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts unterworfen (vergl. 
die obigen Ausführungen). So ist in der CPO. 88 904 u. 905 
bestimmt, dass die Haft zur Erzwingung eines Offenbarungseides 
gegen Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung 
während der Sitzungsperiode unstatthaft ist, und dass eine solche 
Haft für die Dauer der Sitzungsperiode unterbrochen wird, wenn 
die Versammlung eine solche Unterbrechung verlangt. 
Eine Aeusserung in einer gesetzgebenden Versammlung kann 
unmittelbar und an sich einen privatrechtlichen Anspruch be- 
gründen. So im Falle des $ 824 BGB. Sie kann ausserdem 
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der Schuldhaft nicht schützen solle. (HASSLER, a. a. O. S. 657). Der dem 
Reichstag vorgelegte Entwurf der norddeutschen Bundesverfassung enthielt 
eine solche Bestimmung, wie sie sich im Art. 31 findet, nicht. Der Art. 31 
ist auf Antrag des Reichstags in Uebereinstimmung mit einer Bestimmung 
der preussischen Verfassung aufgenommen worden. Auf den Sinn des 
Art. 30 kann dieses keinen Einfluss äussern.
	        
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