Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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würde, ebenso wie auch die strafrechtliche Verfolgung nur aus- 
geschlossen ist, soweit die Aeusserung unmittelbar eine strafbare 
Handlung enthält, und die Fälle, in welchen dadurch eine straf- 
bare Anstiftung zur Straftat eines anderen liegt, nicht betroffen 
werden. 
Der Art. 30 würde noch aus einem anderen Grunde auf 
Rechtsverletzungen privatrechtlichen Charakters nicht passen. 
Er untersagt eine strafrechtliche und disziplinarische Verfolgung. 
Eine solche Verfolgung kann auch auf Wunsch und mit Zu- 
stimmung des Abgeordneten nicht eintreten. Dieses ist unbe- 
denklich, da niemand ein berechtigtes Interesse daran haben 
kann, kriminell oder disziplinarisch bestraft zu werden. Anders 
liegt die Sache, wenn es sich um eine Kränkung von Rechten 
anderer Personen handelt. Hier kann dem Abgeordneten daran 
gelegen sein, die Frage, ob und inwieweit er in seiner berufs- 
mässigen Tätigkeit einen anderen in seinen Rechten gekränkt 
hat, zur gerichtlichen Entscheidung zu bringen. Wollte man den 
Artikel auf privatrechtliche Ansprüche beziehen, so würde der 
Abgeordnete zwar die aus seinen Aeusserungen hergeleiteten An- 
sprüche auf Entschädigung befriedigen können, es würde ihm 
aber nicht gestattet sein, solchen Ansprüchen gegenüber auf 
seine Immunität als Abgeordneter zu verzichten und es auf eine 
gerichtliche Entscheidung ankommen zu lassen, ob und inwie- 
weit die Ansprüche begründet sind. Selbst ein Vertrag, durch 
welchen er sich verpflichtete, den durch seine berufsmässigen 
Aeusserungen etwa entstehenden Schaden zu ersetzen, würde 
gerichtlich nicht geltend gemacht werden können, da die Gerichte 
darüber nicht entscheiden dürften, ob durch solche Aeusserungen 
ein rechtswidriger Schaden verursacht sei‘. 
® Der Ansicht, dass sich der Art. 30 nur auf ein strafrechtliches Ver- 
fahren bezieht, ist nach der Erklärung von BÖTTICHERs im Reichstag vom 
10. März 1886 damals die preussische Staatsregierung gewesen. (Stenogr. 
Ber. S, 1403. Ebenso OPPENHOFF, Strafgesetzbuch Anm. 6 zu $ 11.) A.M.
	        
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