Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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darunter den Inbegriff jener Privatrechtssätze, die nur für den 
Fall gelten wollen, dass der von ihnen geregelte Tatbestand 
durch den Parteiwillen nicht in anderer Weise geregelt wird. 
Hiermit erscheinen zwei vermeintliche Merkmale dieses Begriffes 
als unwesentlich eliminiert, die ihm durch einen weit verbreiteten 
Irrtum zugeschrieben werden. Einerseits glaubt man nämlich, 
das dispositive Privatrecht als einen Teil des Vertragsrechtes 
ansehen zu können, und meint, dass der Akt des Parteiwillens, 
durch den ein solcher Rechtssatz ausser Anwendung gesetzt 
wird, notwendig ein Vertrag, eine Vereinbarung, ein pactum sein 
müsse !; andererseits hält man es für erforderlich, dass ein sol- 
cher Rechtssatz dem mutmasslichen Willen der Parteien Rech- 
nung trage?. Beide Meinungen werden widerlegt, wenn wir 
das Verhältnis des Testamentes zum Intestaterbrecht ins Auge 
fassen. Ersteres ist eine rein einseitige, geradezu den Gegen- 
satz zum Vertrag bildende Willenserklärung und letzteres lässt 
sich, — wenigstens wenn wir an die Berufung entfernter, dem 
Erblasser völlig unbekannter Seitenlinien denken, — nur durch 
eine sowohl mit dem historischen Entwicklungsgang des Erb- 
rechtes als mit der Erfahrung des täglichen Lebens in schroffem 
Widerspruch stehende Fiktion auf den mutmasslichen Willen 
des Erblassers zurückführen. Nichtsdestoweniger kann das In- 
testaterbrecht nur als Spezialfall des dispositiven Privatrechtes 
angesehen werden, was besonders dann evident wird, wenn wir 
es mit dem einen Teil des „zwingenden“ Privatrechts bildenden 
Pflichtteilsrecht konfrontieren. 
Weist nun das Staatsrecht Rechtssätze auf, die jenem von 
allen unwesentlichen Merkmalen gereinigten Begriff des dispo- 
sitiven Rechts entsprechen? 
HAENEL, der in diesem Falle wohl als Interpret der herr- 
  
! Diese Ansicht geht natürlich auf den Satz vom ius publicum, quod 
pactis privatorum mutari nequit, zurück. 
? Dagegen bereits DernguRra Pandekten $ 32.
	        
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