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bestimmen hat und nur, wenn er innerhalb einer bestimmten
Frist diesfalls keine Erklärung abgibt, das Los oder die Priorität
entscheidet **.' Weit häufiger sind aber Dispositivbestimmungen
auf dem Gebiete des Verwaltungsrechtes. Man denke z. B. an
die Rechtssätze, durch welche die Konfessionsangehörigkeit der
aus gemischten Ehen hervorgehenden Kinder geregelt wird.
Diese Rechtssätze können regelmässig durch eine anderweitige
Vereinbarung der Eheleute ausser Anwendung gesetzt werden.
Man denke ferner — um etwas völlig heterogenes anzuführen —
an eine polizeiliche Anordnung etwa des Inhaltes, dass im Eisen-
bahncoupe nur mit Zustimmung sämtlicher Mitreisenden geraucht
oder die Fenster auf beiden Seiten geöffnet werden dürfen. Es
liegt hier ein Verbot vor, das nur für den Fall gelten will, dass
die Interessenten keine gegenteilige Willenserklärung abgeben.
Die eigentliche Heimat der öffentlich-rechtlichen Dispositivbe-
stimmungen ist jedoch begreiflicherweise das öffentliche Ver-
mögensrecht. Der typische Fall ist hier der, dass die Kosten
für einen Öffentlichen Zweck z. B. für einen Schulbau vom Ge-
setze auf die Beteiligten nach einem gewissen Schlüssel repartiert
werden, diesen aber die Vereinbarung eines anderen Schlüssels
vorbehalten wird. Im übrigen stehen die hieher gehörigen Dis-
positivbestimmungen nicht selten in engem Zusammenhange mit
jenen rechtlichen Erscheinungen, die man als Privatrechtstitel
im Öffentlichen Recht zu bezeichnen pflegt 5.
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* Vgl. 8 7 des sächsischen Wahlgesetzes vom 3. Dezember 1868 und
Art, 46 des hessischen Gesetzes vom 8. November 1872.
5 Vgl. TezuHeR, Privatrechtstitel im Öffentlichen Recht im IX. Band
des Archivs für öffentliches Recht und JELLINEK, System der subjektiven
Öffentlichen Rechte S. 331. — Dass es ein dispositives Zivilprozessrecht
gibt, hat BüLow (Archiv für eivilistische Praxis 64) gezeigt; er versteht
jedoch unter einer Dispositivbestimmung nicht einen Rechtssatz, der für
den Fall des Unterbleibens einer gegenteiligen Parteiwillenserklärung gelten
will, sondern einen Rechtssatz, der dem Parteiwillen die Fähigkeit verleiht,
einen Tatbestand abweichend von der gesetzlichen Normierung zu regeln.
Ihm zufolge würde z. B. nicht die Lebenslänglichkeit eines öffentlichen