Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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Verfassungsrecht — je nach der grösseren oder geringeren 
Schwierigkeit, mit der dessen Abänderung verbunden ist. Es 
liegt nun gewiss sehr nahe, diesen Gegensatz mit dem zwischen 
zwingendem und nachgiebigem Recht oder wenigstens das naclı- 
giebige mit dem biegsamen Recht identifizieren zu wollen. Scheinen 
doch diese beiden letzteren Adjektive geradezu synonym zu sein! 
Und um so grösser ist die Gefahr einer Verwechslung, wenn 
man mit JELLINEK als nachgiebig jenes Recht bezeichnet, das 
sich — nicht gegenüber dem Parteiwillen, sondern — gegenüber 
der Gesetzgebung oder einer ihr homogenen Willensmacht als 
nachgiebig erweist. Ich für meinen Teil brauche kaum noch zu 
betonen, dass mir der Ausdruck nachgiebiges Recht eine völlige 
contradictio in adjecto bedeutet. Das dispositive Recht schränkt 
sein Geltungsbereich aus Rücksicht für einen von ihm respek- 
tierten Willen ein, innerhalb dieses Bereiches ist es aber so un- 
nachgiebig wie jedes Recht. Und eben so unzutreffend ist — 
nebenbei bemerkt — der Ausdruck „zwingendes Recht“, der ja 
immer die Vorstellung eines dahinterstehenden Rechtszwanges 
erweckt und daher die gerade im Verfassungsrecht so zahl- 
reich vorkommenden leges imperfectae nicht mit zu umfassen 
vermag. 
So wenig ich daher JELLINEK beistimmen kann, wenn er 
die Konventionalregeln für disposives Recht erklärt, so 
teile ich doch vollkommen seine Ansicht, dass sie Recht sind. 
Wenn wir die weitaus wichtigste dieser Regeln — jene, wonach 
der parlamentarisch regierende Monarch trotz seines formell 
freien Ernennungsrechtes nur Angehörige und Vertrauensmänner 
der Mehrheit der Zweiten Kammer ins Kabinett berufen kann — 
als Beispiel nehmen, so kann, wie mir scheint, derjenige, der 
eine diesfällige Rechtspflicht des Monarchen leugnet, dessen 
Situation nur auf eine der folgenden Arten zu erklären ver- 
suchen: er kann entweder sagen, dass ein solcher Monarch bei 
der Ausübung seines Ernennungsrechtes einer politischen
	        
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