3 —
Diese Unzuständigkeit, wir dürfen wohl das Wort in diesem
Sinne gebrauchen, ist demnach ein eigentümliches Erzeugnis des
durch die besondere Art der Mitwirkung der Beteiligten gekenn-
zeichneten Verfahrens und bedeutet eine dem Urteile als solchem
um der Form seiner Entstehung willen zukommende besondere
Eigenschaft, also nach unserer oben gegebenen Begriffsbestimmung
— Rechtskraft.
Da es sich um eine im öffentlichen Interesse gegebene Zu-
ständigkeitsordnung handelt, so können selbstverständlich die
Parteien nicht darauf verzichten; auch ist die absolute Rechts-
kraft von Amtswegen zu berücksichtigen *.
Die relative Rechtskraft hingegen bedeutet eine Ge-
bundenheit des Urteils nicht gegen die Partei, sondern für die
Partei und in ihrem Interesse. Denkbar wäre ja, dass die Sache
anders geordnet wäre: der Einzelne mit seinem materiellen Recht
könnte auch bloss als geeigneter Gegenstand der obrigkeitlichen
Tätigkeit behandelt werden, welche die Rechtsordnung „objektiv“
aufrecht zu erhalten bestimmt ist; duldend nähme er entgegen,
was ıhm beschieden wird, ähnlich wie er die Wohltaten der Po-
lizei geniesst, höchstens in zweckentsprechender Weise zur Mit-
wirkung herangezogen, damit das Richtige herauskommt; und das
Urteil, das dabei herauskommt, ist dann mit allem Weiteren Sache
der Obrigkeit. Es braucht nicht gesagt zu werden, dass es nicht so
geordnet ist, und dass statt dessen in unserer Justiz die Freiheit
und Selbständigkeit des Bürgers in ausgeprägtester \Weise zur
Geltung kommt. Die Form dafür ist die des subjektiven
unverkennbar das Seinige getan . Grund, ein zweites mal Gericht zu
geben, ist nicht vorhanden‘. SCHNEIDER in Ztschft. f. Ziv.-Proz. Bd. 29
S. 155: „weil der Staat verständigerweise nur einmal einen solchen Rechts-
schutz, ein Verfahren zur Feststellung des streitigen Rechtes zur Verfügung
stellen kann“.
#7 Die Formel res judicata jus facit inter partes trifft eigentlich für die
absolute Rechtskraft nur sehr mittelbar zu; diese regelt in erster Linie
Amtsbefugnisse.
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 1. 3