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gebildete Recht schmiegt sich dem bisherigen Rechte an und
übt die nämliche Funktion, d. h. die des Zusammenfassens der
Mitglieder aus. Das Verbandsrecht steht aber auch nicht über
dem Verbande, es vermag nicht den Verband selbst zu beherr-
schen, es kann nicht aus dem Verbande heraustreten und sich
über ihn stellen, ihn mit Rechten und Pflichten, mit Rechts-
fähigkeit oder Persönlichkeit ausstatten. Nur eine Rechtsordnung,
die über dem Verbande herrscht und höhern Ranges ist als das
Recht der Verbandssatzungen, vermag der Einheit oder Indi-
vidualität des Verbandes Rechte und Pflichten und damit die
Persönlichkeit zu verleihen. Beim Staatsverbande ist es nicht
das staatliche Recht, sondern das Völkerrecht, das der nach
aussen sich kehrenden Einheit oder Individualität des Verbandes
die Persönlichkeit verleiht. Der Rechtsbegriff des Verbandes ist
überhaupt stets solcher des über dem Verbande herrschenden Rechts
und nicht des innern Verbandsrechts, wenn auch der soziale Ver-
bandsbegriff, worauf der Rechtsbegriff basiert, sich gleich bleibt.
Erklärungsbedürftig ist der Umstand, dass ein und derselbe
Mensch Mitglied verschiedener Verbände sein kann. Die Er-
klärung liegt jedoch darin, dass mehrere Rechtsordnungen zu-
gleich die Menschen zu beherrschen vermögen. Der Mensch ist
dann so oft Person, als es Rechtsordnungen sind, die auf ihn
einwirken; jeder Verband hat seine eigene Rechtsordnung und
der Mensch ist Mitglied des Verbandes nur als Person gemäss
dieser Rechtsordnung. So ist der Mensch Mitglied eines Vereins
als Persönlichkeit gemäss dem Vereinsrecht; er ist Mitglied der
Gemeinde als Persönlichkeit gemäss dem Gemeinderecht; er ist
Mitglied des Gliedstaates als Rechtssubjekt gemäss dem glied-
staatlichen Rechte; er ist Mitglied des Staates als Rechtssubjekt
nach staatlichem Rechte.
Mit den Vereinssatzungen werden Zwecke zu erreichen ge-
sucht. Der Zweck kann zunächst in der Befriedigung der
Interessen der Einzelnen als solchen liegen. Die Vereinssatzungen
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 3. 28