— 41 —
wenige Staaten ungehinderte Ausdehnungsfähigkeit vorhanden,
so würde man kaum zu der Vorstellung gelangen, das Gebiet,
worauf der Verband sich bewegt, sei Bestandteil des Verbandes
selbst. Die Erscheinung, dass heute alles, oder doch alles in
Betracht kommende Erdgebiet von den Staaten in Beschlag ge-
nommen ist und dass diese eifersüchtig auf Wahrung des Besitz-
standes achten, lässt die Idee, dass das Gebiet dem Staate in-
häriere, allerdings eher aufkommen. Es muss zugestanden wer-
den, dass der Staat notwendigerweise Gebiet haben muss. Die
Notwendigkeit ist aber eine natürliche, nicht eine begriffliche;
das Gebiet ist eine sachliche Unentbehrlichkeit.e. Die Lehre
FRICKERs lässt auch den möglichen Fall unerklärt, dass ein
Staatswesen sein Gebiet von einem andern Staate für eine be-
stimmte Zeitdauer pachtet, also kein eigenes (rebiet besitzt. Für
die völkerrechtliche Anschauung ist die Annahme, dass das Gebiet
Objekt des Staates die natürlichste und naheliegendste. Gebiets-
veränderungen werden nicht als teilweise Aufgabe der bisherigen
völkerrechtlichen Persönlichkeit betrachtet, Vindikationsansprüche
sind nicht Ansprüche auf Erweiterung oder Einschränkung der
Staatspersönlichkeit. Kolonien und Schutzgebiete stellen sich
als Objekte des Heimatstaates dar, Staatsservituten sind nicht
bloss obligatorische Verhältnisse zwischen Staatspersönlichkeiten
sondern Tatbestände dinglicher Natur etc.
Wenn das Gebiet Objekt des Staates ist, so bestimmt sich
die Beziehung der völkerrechtlichen Persönlichkeit des Staates
zum Gebiete nach Völkerrecht; denn nur das Völkerrecht kann,
als über den Staaten stehend das Verhältnis der Staaten zum
Gebiete ordnen. Danach liegt das Gebiet im völkerrechtlichen
Eigentume oder Besitze des Staates. Gehen wir vom völker-
rechtlichen Eigentume, bzw. der eigentumsgleichen Innehabung
als dem Normalfalle aus. Das Eigentum hat nach allgemein
geteilter Ansicht eine positive und eine negative Seite. Die
positive Seite wird bezeichnet als das Recht des Subjektes, über