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darm bei Meldungen an Zivilvorgesetzte vom Pferde nicht absitzt (S. 314)
Dass die Landespolizeibehörde auf Grund des $ 10 II 17 ALR. „behufs Er-
haltung der öffentlichen Ordnung“ die richtige Schreibweise aller Orts-
namen befehlen kann (S. 217), eröffnet zwar tröstliche Aussichten darauf,
dass auch unsere ganze zerfahrene deutsche Rechtschreibung von diesen
Polizeibehörden einmal in Ordnung gebracht werde; aber als Polizei wird
diese Kulturaufgabe doch kaum aufzufassen sein. Wenn S. 335 berichtet
wird, dass „Eisenbahngesellschaften® für alle Schäden, welche bei der Be-
förderung auf der Bahn an Personen und Sachen entstehen, zu haften haben,
so wäre doch nicht zu vergessen gewesen, dass dieses nach feststehender
Rechtsprechung auch für die viel wichtigeren Staatsbahnen gilt. Polizei-
recht ist diese zivilrechtliche Ordnung weder im einen Falle noch im
andern.
Der Praktiker, auf welchen das Buch berechnet ist, wird zum Glück
diese Detonierungen nicht so lebhaft empfinden wie unser einer. Vielleicht
ist es auch allzugrosse Empfindlichkeit von meiner Seite, wenn ich häufig
stutzen muss, wo der Verf. allgemeinere Rechtsgedanken entwickelt. Nur
die massgebenden Wortlaute zusammenstellen und die eigne Auffassung
zurücktreten lassen, ist ja ein mögliches Prinzip. Aber eine Lebre vom
Gesetz, wie die S. 3—5, ist doch ein gar zu seltsames Mosaik: ALR, Einl.
$ 21; altdeutsches Rechtssprichwort; RVerf. Art. 2; ALR. Einl. $ 22, 8 34,
$ 36; IL, 13 8 6; BGB. 8 133 (absolut nicht hierher gehörig!) RG. 9. April
1888; RG. 6. Nov. 1880; ALR. Einl. $ 54, $ 59; Rosım Pol.Verord.R,
S. 270 — das liefert nach einander den Text, eigne dieta sind kaum da-
zwischen.
Dann diese Begriffsbestimmungen, wie z. B. S. 30 der Fiskus erläutert
wird! Er ist rasch hintereinander: 1) der Staat in seinen auf privatrecht-
lichem Gebiete liegenden Vermögensverhältnissen ; 2) die moralische Person
des Staats; 3) d. h. die Staatsgewalt als Subjekt von Rechten verstanden;
4) der Inbegriff des gesamten Vermögens des Staates, als welcher er nur
eine juristische Person bildet; 5) S. 333 ist er auch noch eine Korporation
(„der Fiskus oder sonstige Korporationen‘“).
Ein merkwürdiges Kapitel findet sich noch 8. 504 unter der Ueber-
schrift: „Auslieferung von Staatsangehörigen“. Es beginnt: „die Ausliefe-
rung von Staatsangehörigen findet nur bei bestimmten strafbaren Hand-
lungen statt“. Dann heisst es allerdings: „die Regel enthält $ 9 StGB.,
welcher bestimmt, dass ein Deutscher nicht ausgeliefert werden darf“.
Von dieser Regel gibt es aber doch keine Ausnahme! Also unsere Staats-
angehörigen werden überhaupt nicht ausgeliefert. Soll es heissen: Staats-
gehörige des Staates, der die Auslieferung begehrt? Aber dem liefern
wir ja vertragsmässig auch fremde Staatsangehörige aus, die er bestrafen
will, und solche die gar keinem Staat angehören. Hat der Verf. vielleicht
sagen wollen: „Auslieferung von Nicht-Staatsangehörigen“ d. h. solchen,