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wissen will. Erst am Beginne des dritten Kapitels über Handhabung und
Grenzen der Th. erfährt der Leser darüber etwas. Für den Verf. hat das
weiter den Nachteil, dass er die Theaterzensur auf den bekannten $ 10, II. 17
ALR. gründet, weil er den Begriff nicht genau festgestellt hat, und ihn
infolgedessen zu weit fasst. Richtig ist, dass weder die preussische Ver-
fassung, noch die Reichsverfassung, noch auch die Gewerbeordnung oder
das Reichspressgesetz der Th. rechtlich entgegenstehen — die Ausführungen
des Verf. sind hier durchaus stichhaltig —, unzutreffend aber, dass sich
die Th., soweit sie in Preussen gehandhabt wird, auf die vorerwähnte Be-
stimmung des Allgemeinen Landrechts stützt. Hier hätte Verf. den Be-
griff erst genau umgrenzen müssen; er wäre dann wahrscheinlich auch zu
einem anderen Resultat gelangt. Wenn z. B. der Polizei-Präsident von
Magdeburg auf Grund des $ 10, II. 17 ALR. die Aufführung eines Theater-
stückes untersagt, weil ihm bekannt ist, dass es sich gegen die bestehende
Staatsordnung richtet, wenn er das Weiterspielen eines solchen Stückes
verhindert, oder verbietet, dass ein Stück, dessen Gemeingefährlichkeit
sich bei seiner ersten Aufführung herausgestellt hat, nochmals aufgeführt
wird, so ist das nicht Theaterzensur, sondern ein allgemeines polizeiliches
Vorgehen im Staatsinteresse, das sich dann allerdings juristisch auf den
510, 11.17 gründet, das aber keineswegs sich aus der Eigentümlichkeit des
Theaterbetriebes ergibt, sondern bei jeder anderen Gelegenheit ebenfalls
anwendbar ist, die ein polizeiliches Einschreiten im öffentlichen Interesse er-
fordert (z. B. Reden in Versammlungen, öffentliche Vorträge u. s. w.). Wenn
der Verf. bei seiner Untersuchung über die Rechtsgrundlagen der Th. zu denı
Resultat kommt, „dass im Rahmen des $ 10, II. 17 ALR. wie gegen jedes
menschliche Tun und Lassen auch gegen theatralische Aufführungen polizei-
liche Massnahmen rechtlich begründet sind“, so ist das richtig, trifft aber
nach keiner Richtung hin den Kern der Sache, denn das Charakteristische
an der Theaterzensur ist eben, dass sie auf die Eigenart des Theaters zu-
geschnitten und im übrigen eben nicht „gegen jedes menschliche Tun und
Lassen“ anwendbar ist (Presszensur!). Unter Theaterzensur kann rechtlich
nur die Anordnung verstanden werden, die den Theaterdirektor zwingt,
vor der Aufführung jedes neuen Stückes den Text desselben der zu-
ständigen Behörde vorzulegen und ihre Erlaubnis zur Aufführung
einzuholen, die dann aus gesetzlich festgelegten Gründen versagt oder
unter bestimmten Bedingungen — Streichung oder Abänderung einzelner
Stellen; auch das Verbot gewisser vom Autor vorgeschriebener Masken
könnte hierher gehören — oder auch ohne Einschränkung erteilt werden
kann. Nur eine derartige Vorschrift schafft für die Polizei die sonst hier
nicht gegebene Möglichkeit, vor der Aufführung des Stückes seinen In-
halt prüfen und seine Wirkung beurteilen, und so präventiv einer Störung
der öffentlichen Ordnung entsprechend begegnen zu können.
In dem dritten Kapitel seiner Abhandlung über Handhaben und Gren-