Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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wissen will. Erst am Beginne des dritten Kapitels über Handhabung und 
Grenzen der Th. erfährt der Leser darüber etwas. Für den Verf. hat das 
weiter den Nachteil, dass er die Theaterzensur auf den bekannten $ 10, II. 17 
ALR. gründet, weil er den Begriff nicht genau festgestellt hat, und ihn 
infolgedessen zu weit fasst. Richtig ist, dass weder die preussische Ver- 
fassung, noch die Reichsverfassung, noch auch die Gewerbeordnung oder 
das Reichspressgesetz der Th. rechtlich entgegenstehen — die Ausführungen 
des Verf. sind hier durchaus stichhaltig —, unzutreffend aber, dass sich 
die Th., soweit sie in Preussen gehandhabt wird, auf die vorerwähnte Be- 
stimmung des Allgemeinen Landrechts stützt. Hier hätte Verf. den Be- 
griff erst genau umgrenzen müssen; er wäre dann wahrscheinlich auch zu 
einem anderen Resultat gelangt. Wenn z. B. der Polizei-Präsident von 
Magdeburg auf Grund des $ 10, II. 17 ALR. die Aufführung eines Theater- 
stückes untersagt, weil ihm bekannt ist, dass es sich gegen die bestehende 
Staatsordnung richtet, wenn er das Weiterspielen eines solchen Stückes 
verhindert, oder verbietet, dass ein Stück, dessen Gemeingefährlichkeit 
sich bei seiner ersten Aufführung herausgestellt hat, nochmals aufgeführt 
wird, so ist das nicht Theaterzensur, sondern ein allgemeines polizeiliches 
Vorgehen im Staatsinteresse, das sich dann allerdings juristisch auf den 
510, 11.17 gründet, das aber keineswegs sich aus der Eigentümlichkeit des 
Theaterbetriebes ergibt, sondern bei jeder anderen Gelegenheit ebenfalls 
anwendbar ist, die ein polizeiliches Einschreiten im öffentlichen Interesse er- 
fordert (z. B. Reden in Versammlungen, öffentliche Vorträge u. s. w.). Wenn 
der Verf. bei seiner Untersuchung über die Rechtsgrundlagen der Th. zu denı 
Resultat kommt, „dass im Rahmen des $ 10, II. 17 ALR. wie gegen jedes 
menschliche Tun und Lassen auch gegen theatralische Aufführungen polizei- 
liche Massnahmen rechtlich begründet sind“, so ist das richtig, trifft aber 
nach keiner Richtung hin den Kern der Sache, denn das Charakteristische 
an der Theaterzensur ist eben, dass sie auf die Eigenart des Theaters zu- 
geschnitten und im übrigen eben nicht „gegen jedes menschliche Tun und 
Lassen“ anwendbar ist (Presszensur!). Unter Theaterzensur kann rechtlich 
nur die Anordnung verstanden werden, die den Theaterdirektor zwingt, 
vor der Aufführung jedes neuen Stückes den Text desselben der zu- 
ständigen Behörde vorzulegen und ihre Erlaubnis zur Aufführung 
einzuholen, die dann aus gesetzlich festgelegten Gründen versagt oder 
unter bestimmten Bedingungen — Streichung oder Abänderung einzelner 
Stellen; auch das Verbot gewisser vom Autor vorgeschriebener Masken 
könnte hierher gehören — oder auch ohne Einschränkung erteilt werden 
kann. Nur eine derartige Vorschrift schafft für die Polizei die sonst hier 
nicht gegebene Möglichkeit, vor der Aufführung des Stückes seinen In- 
halt prüfen und seine Wirkung beurteilen, und so präventiv einer Störung 
der öffentlichen Ordnung entsprechend begegnen zu können. 
In dem dritten Kapitel seiner Abhandlung über Handhaben und Gren-
	        
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