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lich. Der Zweck der absoluten Rechtskraft, das Ansehen des
Richteramtes vor zwiefacher Rechtsprechung zu schützen, erfor-
dert nicht die Unabänderlichkeit jeglichen Spruches, der die
es mir gar nichts, dass ich für den modernen Rechtsstaat eifere; ich werde
rücksichtslos in den Polizeistaat hineinkommandiert. Es liegt darin eine
gewisse Härte.
In der Sache würde es denn darauf ankommen, wie LOENING mir gegen-
über den Beweis führt, dass alle Rechtspflege in Straf- und Verwaltungs-
recht immer mit zwei sich gegenüberstehenden Parteien arbeitet, zwei-
schneidig ist. Tatsächlich sehen wir doch in vielen Fällen das ganze Ver-
fahren darauf eingerichtet, dass nur ein Untertan darin der Obrigkeit gegen-
übersteht, um als Partei mitzuwirken an ihrem Tun. Wo ist die Gegen-
partei? Da ist man natürlich leicht fertig mit der Antwort: die andere
Partei ist der Staat. Nun, der Staat ist ja immer an dem Verfahren be-
teiligt durch den Richter, der in seinem Namen spricht, wohl auch durch
einen Staatsanwalt oder einen Vertreter des öffentlichen Interesses. Aber,
ist er dadurch Partei? Was ist eine Partei? Ich denke: das Rechtssubjekt,
dem durch den im Prozess ergehenden obrigkeitlichen Ausspruch bestimmt
werden soll, was für es Rechtens ist. Dem Staate wird es hier nicht be-
stimmt, sondern er bestimmt es. Die obrigkeitliche Bestimmungsmacht kann
ja rückbezüglich sein; das ist der bekannte Fall, „wenn Fiskus agieret“.
Aber das ist doch eine Besonderheit, eine kühne, für gewisse Fälle ange-
nommene Fiktion und Konstruktion. Niemand wird die Idee einer Staats-
persönlichkeit, welche dem durch die Obrigkeit vertretenen Staate gegen-
übersteht „wie ein Privatmann“, im Ernste ausdehnen wollen über vermö-
gensrechtliche Zusammenhänge hinaus auf den strafverfolgenden, polizeilich
verfügenden Staat. Hier ist der Staat einheitlich und ungebrochen nur die
Obrigkeit, deren Tätigkeit allerdings in Zuständigkeiten verteilt und an
Formen geknüpft und inhaltlich gebunden erscheint, aber eben wie Obrigkeit
von innen heraus geordnet, nicht wie die Partei durch fremde Autorität von
aussen bestimmt. Die Rechtsstellung der Partei ist eine ganz andere.
Danach sollte man denken, es sei unmöglich, den Staat für die zuweilen
fehlende Gegenpartei heranzuziehen. LoEnına hat gleichwohl ein Mittel
gefunden. Und das besteht darin, dass man es eben mit dem Parteibegrift
nicht so genau nehmen darf. Es darf nicht übersehen werden, erklärt er
S. 71, „dass der Begriff der Partei im Verwaltungsstreitverfahren ein andrer
ist als im Zivilprozess*. Wie so? Ein Hauptunterschied wird uns sofort
hervorgehoben: „dass, sofern der Staat im Verwaltungsstreitverfahren Partei
ist, von einem Unterliegen des Staates niemals die Rede sein kann“. Eine
Partei, die immer gewinnt, das ist vielleicht ein Ideal. Aber diese seltsame
Partei ist natürlich nichts anderes als die Obrigkeit, die über den Parteien