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richterstatter der Kommission und bei den Verhandlungen im
Plenum des Reichstages von vielen Seiten hervorgehoben, dass
es sich um eine Verfassungsänderung oder richtiger um eine
Ausserkraftsetzung einer Verfassungsbestimmung für einen ein-
zelnen Fall handelt, und der Staatssekretär v. Bötticher gab die
Erklärung ab, dass bei der Abstimmung über den Entwurf nicht
eine so grosse Anzahl von Stimmen im Bundesrat gegen die
Vorlage sich erklärt hat, dass dadurch eine Verfassungsänderung
gehindert wäre. Wenn PETERS sich darauf beruft, dass der
Reichstag und der Bundesrat keine prinzipielle Entscheidung der
Frage gegeben haben, ob es sich um eine Verfassungsänderung
handle, so ist dies unerheblich. Solche Entscheidungen sind, wie
OTTO MAYER mit Recht entgegnet hat, zwecklos und werden
niemals beschlossen, wenn es im konkreten Fall nicht von Be-
deutung ist, ob eine Verfassungsänderung vorliegt oder nicht.
Da im Bundesrat nicht 14 Stimmen dagegen abgegeben wurden,
so waren die Bedingungen auch einer Verfassungsänderung er-
füllt. Entscheidend aber ist ganz allein die Tatsache, dass man
es für erforderlich gehalten hat, den Weg der Reichsgesetzgebung
zu beschreiten. Es ist ein ausreichender Beweis dafür, dass
Bremen ohne reichsgesetzliche Ermächtigung nicht für befugt ge-
halten wurde, Befahrungsabgaben auf der regulierten Unterweser
zu erheben.
PETERS hat sich auch darauf berufen, dass das Reich seine
Befugnis zur Retorsion in einer unzweckmässigen Weise beschränkt
hätte, wenn es Befahrungsabgaben auf den natürlichen Wasser-
strassen unbedingt ausgeschlossen hätte. Man braucht aber nur
den Absatz 5 des Artikel 54 zu lesen, um sich von der gänzlichen
Haltlosigkeit dieses Argumentes zu überzeugen. Derselbe behält
dem Reiche das Recht vor, auf fremde Schiffe oder deren La-
dungen andere oder höhere Abgaben zu legen. „Andere Ab-
gaben“ das sind eben Befahrungsabgaben; sie können fremden,
aber nicht deutschen Schiffen auferlegt werden. Es ist nicht