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oder die Ladung der die Elbe auf- oder abwärts befahrenden
Schiffe zu legen. Hannover verpflichtete sich ferner, wie bisher
und nach dem Masse seiner bestehenden Verpflichtungen zur
Erhaltungen der Anstalten, welche zur freien Schiffahrt auf der
Elbe erforderlich sind und für die dafür aufgewendeten Kosten
keine Abgaben als Gegenleistung einzuführen. Diese Verpflich-
tungen sind nach den Grundsätzen der Staatensukzession auf
Preussen übergegangen. Preussen kann daher auf der Strecke
der Elbe in der Provinz Hannover keine Befahrungsabgabe ohne
Zustimmung sämtlicher an dem Vertrage von 1861 beteiligten
Staaten einführen (vgl. WITTMAACK u. a. O. 8. 160) und ohne
Zustimmung ÖOesterreichs überhaupt nicht. Es würde dadurch
nicht nur die Reichsverfassung, sondern seine völkerrechtlichen
Verpflichtungen verletzen.
Wenn die bisherigen Erörterungen sich mit der Auslegung
des Artikels 54 Absatz 4 der Reichsverfassung und den damit
übereinstimmenden Staatsverträgen beschäftigt haben, so würde
die Beschränkung auf diese Interpretation der Bedeutung der
Frage nicht gerecht werden und sie keineswegs erschöpfen. Die-
selbe trifft vielmehr den innersten Kern der Reichsverfassung.
Das Verhältnis des Reiches zu den Einzelstaaten ist in jedem
Bundesstaat das wichtigste und für sein Wesen besonders
charakteristische Moment. Es ist der eigentliche Grund-
pfeiler seiner Verfassung und bestimmt seine Eigenart. Es
muss ihm daher eine besondere Festigkeit zukommen, jede
unberechtigte Verletzung der verfassungsmässig errichteten zwi-
schenstaatlichen Rechtsordnung erschüttert diese in ihren Funda-
menten.
Die Erhebung von Schiffahrtsabgaben berührt ausser der
besonderen Vorschrift des Artikels 54 der Reichsverfassung noch
zwei andere Bestimmungen derselben: Artikel 4 Ziffer 9 und
Artikel 78 Absatz 1. Die erste dieser beiden Bestimmungen
unterwirft die Fluss- und sonstigen Wasserzölle der Beaufsich-