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Der gegenwärtige Stand der Frage des öffent-
lichen Eigentums.
(Vortrag gehalten in der Wiener Juristischen Gesellschaft am 6. März 1907)
von
OTTO MAYER.
Die Freude des Mannes, der das Pulver erfunden hat oder
die drahtlose Telegraphie, ist dem Juristen versagt. In der
Rechtswissenschaft gibt es keine Erfinder oder sollte es sie wenig-
stens nicht geben. Nur was das Leben wirksam und schaffend
an Rechtsstoff schon enthält, weist sie auf und beschreibt sie.
Noch mehr: auch die Art, wie sie das beschreibt, die Begriffe,
mit welchen sie das Vorgefundene zu erfassen und zu Verständ-
nis und sicherer Beherrschung zu bringen sucht, sie werden besser
von ihrem Vertreter nicht auf den Markt gebracht mit der frohen
Verkündigung: dieses habe ich im stillen Kämmerlein ersonnen
als etwas Neues, Bahnbrechendes. Sondern der Sache dient es
mehr, wenn er sagen kann: hier ist eine alte erprobte Denk-
maschine; seht zu, ob sie nicht jetzt noch zu brauchen ist.
Handelt es sich um die Fortentwicklung unseres heutigen
öffentlichen Rechts, so findet man solche Begrifisbilder natürlich
nicht wohl durch Nachgraben in unserer eigenen Geschichte.
Vielmehr hat uns das Schicksal dafür unsere zwei grossen Lehr-
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 34