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Es sollte nicht behauptet werden können, dass das öffent-
liche Eigentum, in diesem Sinne verstanden, ein Gedanke ist,
der in des Menschen Hirn nicht passt. Und ebensowenig ist es
zu bestreiten, dass die ihm entsprechenden äusserlichen Ordnungen
in der Wirklichkeit unseres Rechtes in weitem Umfange zu Tage
getreten sind und noch zu Tage treten.
Mit voller Klarheit aber erscheint das Reebtsinstitut in der be-
kannten Lehre des französischen Rechtsvom domaine public. Die
dazu gehörigen Sachen: Strassen, Festungswerke u. s. w. ne sont
pas susceptibles d’une propriete privee, das will sagen: die dabei
sich ergebenden Rechtsbeziehungen regeln sich nicht nach Privat-
recht; geregelt sind sie natürlich doch, aber eben nach öffent-
lichem Recht, das öffentliche Eigentum ist öffentlich-rechtliches
Eigentum. Wer es aber für eine Forderung nationaler Tugend-
haftigkeit hält, von den Franzosen nichts zu lernen, der mag
sich am römischen Recht erbauen, wo zur Zeit der Republik die
Idee des öffentlichen Eigentums in voller Kraft und Reinheit
sich verwirklicht findet. Der vollkommene Parallelismus des
Systems öffentlicher Rechtsinstitute, das sich damals neben den
zivilrechtlichen hinzog, ist schon öfter hervorgehoben worden.
„Wenn die (irundbegriffe des Vermögensrechts, sagt MOMNMSEN’,
gleichmässig auf die Gemeinde wie auf die einzelnen Bürger be-
zogen werden, Eigentum, Forderung, Erbschaft auch auf den
Staat Anwendung finden, so steht die positive Ausgestaltung der-
selben in den beiden Rechtskreisen fast durchgängig mit einander
in prinzipiellem und praktischem Widerspruch.“ Die überall
hervortretende majestas populi Romani macht den Unter-
schied und kommt insbesondere bei der Frage des Rechtsschutzes
zum Vorschein. KARLOWA in seiner Römischen Rechtsgeschichte"
5 Abriss des Römischen St.R. S. 366. Vgl. derselbe, Röm. St.R. |
S. 162 ff.; ELVERS, Röm. Servitutenlehre S. 267 ff.; Weıskr, Rechtslexikon X
Ss. 239 fi.
se Bd. 1ISs. 1 f.