Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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sprechende Tätigkeit des Gerichts wird im öffentlichen Interesse 
jene Unfehlbarkeit in Anspruch genommen, die ihren Ausdruck 
findet in der Unzulässigkeit einer nochmaligen Rechtsprechung 
in derselben Sache. Wo die Justiz nichts anderes sein will als 
die untrügliche Verkünderin des Willens des Ge- 
setzes, ist ihr Ausspruch ausgestattet mit absoluter Rechts- 
kraft >, 
Das ist der richtige Kern, der allerdings enthalten ist in 
BERNATZIKS Lehre von dem Zusammenhang zwischen Entschei- 
dung und Rechtskraft. Falsch ist, dass jede behördliche Ent- 
scheidung rechtskräftig werde; aber wahr ist, dass die absolute 
Rechtskraft gemeint ist für solche Urteile der Gerichte, d.h. 
in Form der Rechtskraft ergehende obrigkeitliche Aussprüche 
zur Ordnung des Einzelfalles, welche Entscheidung, Rechtsprechung 
zum Inhalt haben. 
Nun hat man aber beobachtet, dass die Urteile auch noch 
anderes zum Inhalt haben können als Rechtsprechung. Insbe- 
  
  
5 Diese Voraussetzung pflegt sich bei den Prozessualisten als eine ganz 
selbstverständliche und ohne besondere Begründung in die Lehre von der 
Rechtskraft einzuschieben. FREUDENSTEIN, Rechtskraft S. 2: „Rechtskraft 
ist das endgültige Produkt der richterlichen Rechtsanwendung .. . Sie ist 
das unwiderrufliche durch das legitime Organ der Rechtsordnung, den Richter, 
verlautbarte Anerkenntnis, dass die Voraussetzungen ihrer Betätigung, d.h. 
die Anwendung der abstrakten Rechtsregeln auf einen konkreten Tatbestand 
negativ oder positiv vorhanden waren.“ Die „negativ vorhandenen Voraus- 
setzungen“ sind etwas sehr Unschönes, aber die ganze Idee der Rechtskraft 
ist doch hier sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Vgl. auch KLÖPPEL, 
Einr. d. Rechtskraft S. 112: „konkrete Rechtssetzung“ durch „Anwendung der 
Rechtssätze auf die Tatsachen“ ist Voraussetzung der Rechtskraft. SCHNEIDER 
in Ztschft. f. civ. Pr. Bd. 29 S. 155: „ein Verfahren zur Feststellung des 
streitigen Rechts“ ; ebenda S. 104. SCHANZE in Ztsch. f. Stf.R.W. 1884 S. 452. 
Wıacn, Handb. IS. 75; derselbe, Vorträge $S. 255. Eccıus, Preuss. Priv.-R. I 
S. 290. — Diese Auflassung tritt namentlich in der Form mit besonderer 
Kraft zu Tage, dass die Rechtskraft hergeleitet wird aus dem Zwecke des 
Prozesses, „das Recht zu vergewissern“: BULOow im Arch. f. civ. Pr. Bd. 62 
S. 75; PAGENSTECHER, Rechtskraft S. 25. Da muss es selbstverständlich vor- 
her schon dagewesen sein.
	        
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