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nicht vermocht hat, sich aus diesen älteren Vorstellungen gänz-
lich herauszuarbeiten.
Vor allem ist hier festzuhalten, dass das wesentlichste Be-
griffsmerkmal der Polizei die Zwangsgewalt ist. Wo kein Zwang,
da keine Polizei!?. Zwangsgewalt hat aber ein Untertanenver-
hältnis zur Voraussetzung. Die Polizei regelt nur Beziehungen
zwischen dem Untertan und dem befehlenden Staate, sie erzwingt
den dem Staate schuldigen Gehorsam. Wo aber kein Unter-
tanenverhältnis besteht, kann selbstverständlich von Polizei gar
nicht gesprochen werden. Daraus ergibt sich, dass wenn z. B.
die Kreisregierung die Gemeinde auffordert, der ihr obliegenden
Verpflichtung zum Bau oder Unterhalt einer Strasse nachzu-
kommen, dies mit Wegepolizei gar nichts zu tun hat. Denn hier
fehlt ja das Untertanenverhältnis, die notwendigste Voraussetzung
einer Zwangsgewalt.e Das Verhältnis des Staates zu seinen
Selbstverwaltungskörpern ist doch im vorliegenden Falle lediglich
ein aufsichtliches, die Gemeinde, welche ihren Verpflichtungen
nicht nachkommt, wird im staatsaufsichtlichen Verfahren dazu
angehalten !?,
Dieser Umstand, der offenbar bisher völlig übersehen wurde,
hat eine ganze Reihe falscher Konsequenzen mit sich gebracht.
Man hat bisher durchweg angenommen, dass die Wegepolizei-
behörde auf die Beschaffenheit, Breite, Steigung etc. der Wege
ı2 Das will allerdings BorRnHAK (Verwalt.Archiv Bd. V S. 146) nicht
zugeben. Er meint, nicht der Zwang sei der Polizei eigentümlich, sondern
die tatsächliche Anordnung. Die Polizei könne ihre Tätigkeit auch durch
andere Mittel, z. B. Bitten, Raten etc. entfalten. Damit verkennt jedoch
BORNHAK das wichtigste Begrifismerkmal der Polizei. Denn hinter diesem
Bitten, Raten etc. steht immer die Möglichkeit der Anwendung von
Zwangsgewalt und das ist doch das Charakteristische.
18 Diese Aufsicht des Staates über den eigenen Wirkungskreis der Ge-
meinden geht dahin, dass die Gemeinden ihre eigenen Lebensaufgaben auch
tatsächlich erfüllen. Vergl. Preuss, Das städtische Amtsrecht in Preussen.
1902 S. 160.