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Die oben vertretene Auffassung hat jedoch LoEnIn@ ’3 be-
stritten. Er glaubt, dass die süddeutschen Gesetzgebungen von
der richtigen Ansicht ausgehen, wenn sie in den sog. Blankett-
strafgesetzen des RStGB. eine reichsgesetzliche Delegation zum
Erlasse von Polizeiverordnungen erblicken. Seinen Standpunkt
hat LOENING nicht weiter begründet, jedenfalls ist aber seine
Meinung durch die oben zitierten neueren Untersuchungen als
widerlegt zu betrachten.
Dass die süddeutsche Gesetzgebung auf dem von LOENING
vertretenen Standpunkt steht, ist allerdings richtig. Die An-
nahme von THOMA “% dass das badische Einführungsgesetz zum
RStGB. von 1871 in der irrigen Annahme einer reichsgesetz-
lichen Delegation des 8 366 Ziff. 10 durch LoEnInGs Auf-
fassung inspiriert war, klingt nicht sehr wahrscheinlich °. Wenn
THoMA unter Berufung auf SCHICKER ’®* weiter ausführt, das
württembergische PolStGB. habe sich dieser irrtümlichen Auf-
fassung nicht angeschlossen, so geht das jedenfalls aus der an-
gezogenen Stelle nicht hervor. Im Gegenteil, SCHICKER spricht
an anderer Stelle ”” davon, dass der $ 366 Ziffer 10 zu allge-
meinen Verordnungen ermächtige. Also auch im württember-
gischen Recht scheint man eine reichsgesetzliche Dele-
gation anzunehmen, es ist jedenfalls im PolStGB. vom 27. Dez.
1871 kein Rechtssatz für die zu 8 366 Ziff. 10 erlassenen Polizei-
verordnungen zu finden.
73 LOENING, Deutsches Verw.R. S. 235 Note 3.
TpoMmA a. a. O. S. 319.
75 Der von THomA zitierte Aufsatz (Zeitschrift für badische Verwaltung
und Verwaltungsrechtspflege 1871 S. 185, 193) ‚stammt nicht von LOENING,
sondern von dem Herausgeber WIELANDT (vergl. S. 89). Ausserdem scheint
der Verfasser dieses Aufsatzes von der Annahme einer reichsgesetzlichen
Delegation weit entfernt. (Vergl. z.B. S. 192b). Jedenfalls ist ein solcher
Gedanke nirgends klar ausgesprochen.
76 SCHICKER, Das Polizeistrafrecht und Polizeistrafverfahren in Würt-
temberg 3. Aufl. 1899 S. 248 N. 1 und 2.
7° SCHICKER, a. a. O. S. 64 Nr. 4, S. 65 Absatz 5 und 6.
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