Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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nicht herzuleiten sei, hat man den klaren Sinn dieses Artikels 
bis zur Unkenntlichkeit entstellt. 
Man behauptet nämlich: 
1) Das TrottoiristüberhauptkeinBestand- 
teilder öffentlichen Strasse. Es ist als eine öffent- 
liche Vorrichtung, „eine bauliche Anlage (!) auf dem 
Strassenkörper“ aufzufassen, die zum Zwecke des öffent- 
lichen Verkehrs nicht absolut notwendig ist. Die Pflicht zur 
Unterhaltung der Strassen (Art. 29) umfasst aber nur die not- 
wendigen Bestandteile. 
2) Indem der Art. 29 der Gem.O. (= 38 der rechtsrhein. 
Gem.O.) den Gemeinden nicht die Unterhaltung, son- 
dern nur die Sorge für Unterhaltung der Ortsstrassen zur 
Pflicht macht, gibt erihnen die Möglichkeitin die 
Hand, sich dieserSorge durch ortspolizeiliche 
Massregeln zu entledigen. 
Mit diesen beiden Einwänden ist jedoch die Rechtsprechung 
auf einen bedauerlichen Abweg geraten. 
Was die Beurteilung der ersten Frage betrifft, so ist es 
nahezu unbegreiflich, wie man an der Behauptung, das Trottoir 
sei kein Bestandteil der öffentlichen Strasse, jahrzehntelang fest- 
halten konnte. Leider ist diese Meinung noch jetzt nicht end- 
gültig abgetan. Im Gegenteil, sie ist in den beiden neueren 
Entscheidungen des Oberlandesgericht München vom 17. Dez. 
1898 135 und des Obersten Landesgerichts vom 11. April 1900 !%* 
herstellung, sondern als Strassenunterhaltung anzusehen ist. In 
kleineren Städten kommt es häufig vor, dass eine Strasse ohne Pflaster- 
Trottoirs schon seit unvordenklicher Zeit dem Verkehr diente Wenn nun 
infolge gesteigerter Verkehrsbedürfnisse die Herstellung von gepflaster- 
ten Trottoirs nötig wird, so ist dies offenbar der Unterhaltung 
der Strasse in einer dem gesteigerten Verkehr angemessenen besseren 
technischen Beschaffenheit zuzurechnen. 
185 Entscheidungen in Strafsachen Bd. 10 S. 132, 
186 Entscheidungen in Strafsachen Bd. IS. 63. Vergl. auch das viel- 
zitierte Urteil des Obersten Gerichtshofs, Bd. V S. 78.
	        
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