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Das ist natürlich ein Rechtszustand, der den Forderungen
des Rechtsstaates in keiner Hinsicht entspricht. Kommt man zu
dem Ergebnis, dass es gerechtfertigt ist, die Angrenzer zu Bei-
trägen zwecks Trottoirunterhaltung heranzuziehen, dann muss ein
Rechtssatz geschaffen werden, der jeden Zweifel beseitigt. Ein
solch tiefer Eingriff in die Rechtssphäre des Individuums kann
nicht gebilligt werden, ohne dass die Berechtigung hierzu in der
Gesetzgebung unzweideutig ausgesprochen ist. -
B. Bayern rechts des Rheins,
Den geschilderten Rechtsverhältnissen in der Pfalz sind die-
jenigen im rechtsrheinischen Bayern fast analog. Allerdings
sind hier zwei Modifikationen zu berücksichtigen:
Einmal fällt die Prüfung der nur für die Pfalz in Betracht
kommenden französischen Vorschriften fort. Ferner hat die
rechtsrheinische Gem.O. eine Bestimmung in Art. 44 Abs. 2 auf-
genommen, die in der pfälzischen Gem.O. fehlt. Dieselbe lautet:
„Verpflichtungen, welche dem Hausbesitzer als solchem nach
polizeilichen Vorschriften obliegen, bleiben vorbehalten“.
Auf eine Prüfung der bestrittenen Frage, ob hieraus eine
Verpflichtung zur Unterhaltung des Trottoirs abgeleitet werden
kann, soll hier nicht ausführlich eingegangen werden !5%, Es sei
hier nur hervorgehoben, dass dieser Passus in dem Regierungs-
entwurf einer Gem.O, nicht enthalten war, sondern von dem
Referenten der Gem.O. Prof. EDEL hinzugefügt wurde, ohne
dass die Beweggründe hierzu aus den Verhandlungen zu er-
sehen wären 17,
186 Vergl. den Aufsatz: „Die Belastung des Grundbesitzes mit Strassen-
unterhaltung“, Zeitschrift des Grund- und Hausbesitzer-Vereins in München,
Jahrgang 1893 S. 70 ff. Der Verfasser widmet der Frage eine eingehende
Betrachtung und kommt zu einem Ergebnis, das manches Wahrscheinliche
für sich hat.
ı57 S, Kammerverhandl. 1866/69, Beilagen Bd. IS. 8, 123, 316, 324, 347,
371, 436, 588; II S. 501; vergl. Entsch. Oberst. Ger.Hof Bd, V S. 74 ft.