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Pfalzgraf etc.) in Aufnahme kommen. Und zwar sind es die nichtregieren-
den, unvermählten Sprossen, die am Ende des 18. Jahrhunderts ihn er-
halten, ohne dass er indes damals irgendwelche staatliche Anerkennung
erhalten hätte. Nur den „Kurprinzen“ approbierte die kaiserliche Kanzlei.
Im 19. Jahrhundert dagegen wurde Prinz zum Titel aller Nachgeborenen
fürstlicher Häuser, damit sie einen andern Titel hätten als das Haupt der
Familie. Auch die mediatisierten Fürsten führten ihn ein; nur Bayern
untersagte ihn denselben und verlangte, dass alle ihre Mitglieder sich Fürst
zu nennen hätten. Entsprechend dem Titel Erbprinz nahmen die reichs-
ständischen Grafen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts für ihren Erst-
geborenen den Titel Erbgraf an, der aber auch wie jener nur eine
private Bezeichnung, kein rechtlich anerkannter Titel ist.
Hauptmann.
Dr. Konrad Zorn, Ueber die Tilgung von Staatsschulden. (Abhand-
lungen aus dem Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht. Herausgegeben
von den Professoren Zorn und Stier-Somlo. I. Bd., 3. Heft.) Tü-
bingen, Mohr 1905. VIII und 121 S. Mk. 3.20.
Aus dem Rahmen der Bonner Sammlung tritt die Zorxsche Arbeit
einigermassen heraus. Denn sie ist keine Abhandlung aus dem öffent-
lichen Rechte, überhaupt keine juristische Abhandlung, sondern eine finanz-
wissenschaftliche Studie. Die Frage der Tilgung der Staatsschulden wird
nicht juristisch untersucht. Der Verfasser erörtert nicht oder wenigstens
nicht ex professo die mit der Schuldentilgung zusainmenhängenden finanz-
rechtlichen und speziell budgetrechtlichen Fragen. (S. 6 f. streift er das
Problem der Verpflichtbarkeit des Staates zur Tilgung der Anlehen, ohne
es anders, als in praktischer Weise lösen zu wollen. Vgl. auch 8. 45, wo
er Art. 62 der preussischen Verfassung verwertet.) Ihm handelt es sich
vielmehr darum, ob der Staat im Interesse der Staats- und Volkswirtschaft
die Anlehen tilgen, und wie er sie tilgen soll. In zwei Abschnitten werden
die freie Tilgung und die Zwangstilgung — allerdings ohne eine präzise
Begriffsbestimmung der beiden Tilgungsmodalitäten — abgesondert darge-
stellt. Der Autor ist kein Freund der freien Tilgung, weil unter der Herr-
schaft des Systems der Tilgungsfreiheit die Tilgungsquote nachweisbar
zurückgeht. Als klassisches Beispiel führt er die bayerische Praxis an. Die
damit scheinbar nicht übereinstimmenden Erscheinungen in Preussen erklärt
er durch besondere Umstände, die das Prinzip nicht tangieren, so in erster
Linie durch die ausserordentlichen Einnahmen, die Preussen infolge des
deutsch-französischen Krieges und der Errichtung des Reiches zugegangen
sind. Der Verfasser empfiehlt die obligatorische Schuldentilgung, speziell
die Prozentualtilgung. Ergänzend kann für einen Teil der Anlehen eine