Diesem Verlangen nach einer Trennung der Gewalten hatte
die Nationalversammlung in einer Weise Rechnung getragen, die
MOoNTESQUIEU niemals gebilligt haben würde. Sie hatte nur die
eine Seite seiner Lehre begriffen, die Trennung, und hatte über-
sehen, dass MONTESQUIEU gleichzeitig lehrt, die Gewalten müss-
ten in Wechselbeziehungen zu einander stehen, wenn ein frei-
heitliches Staatsleben möglich sein solle 5.
Indem die Nationalversammlung den König von einer Ein-
wirkung auf Gesetzgebung und Justiz ausschloss und allein auf
die Leitung der Verwaltung beschränkte, beging sie einen schwe-
ren Fehler, der sich blutig rächen sollte. Als nach Beendigung
der Revolution die Verfassung neu geregelt wurde, kam es na-
mentlich darauf an, diesen Fehler zu vermeiden. Das Staats-
oberhaupt liess sich daher ausser der Regierung und Verwaltung
Anteilnahme an der Gesetzgebung und — durch das Recht der
Richterernennung — Mitwirkung bei Ausübung der Justiz über-
tragen. Jetzt war es nicht, wie zur Zeit der Nationalversamm-
lung, eine den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entspre-
chende geschichtliche Erinnerung, dass der Richter im Namen
des Staatsoberhauptes Recht sprach, sondern eine staatsrechtliche
Wahrheit. Seither führt der Richter seinen Auftrag wie der
Verwaltungsbeamte auf das Staatsoberhaupt zurück. Da Justiz
und Verwaltung in dieselbe Spitze auslaufen, denselben Träger
haben, kann keine der beiden als besondere Gewalt angesehen
werden. Die neuere Rechtslehre nimmt daher, soweit es sich um
die Beziehungen zwischen Justiz und Verwaltung handelt, nicht
eine separation des pouvoirs, sondern eine separation des autorites
an. Eine Trennung der Gewalten ist nur zwischen Gesetzgebung
les puissances, les regler, les temperer, les faire agir, donner pour ainsi dire
un lest & l’une, pour la mettre en etat de resister & une autre. Ebenso
ALEXANDRE DE LAMETH in der Sitzung vom 26. August 1789: sans la se-
paration des pouvoirs il n’y a que despotisme.
° Separer les pouvoirs sans les isoler.