Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

80 — 
II. 
Die Verwaltungsrechtspflege. 
I. Justiz und Verwaltung sind der Rechtsordnung untertan. 
Diese spielt aber der Justiz gegenüber eine andere Rolle als im 
Betriebe der Verwaltung. 
Die Gerichte finden die Entscheidung, welche sie zu treffen 
haben, stets im Gesetze vorgeschrieben. Dies gilt auch dann, 
wenn dem Richter ein freier Spielraum bei seiner Entscheidung 
gelassen ist (88 315, 343 B.G.B., art. 1184°, 1655 C.c.), und 
wenn er aus Billigkeit von der Beobachtung des strengen Rechts 
Abstand zu nehmen berechtigt ist ($ 829 B.G.B.).. Denn auch 
dann spricht der Richter nur aus, was der wohlverstandene Wille 
des Gesetzes für diesen Fall und demnach Inhalt des subjektiven 
Rechts bereits war, und urteilt nicht nach Zweckmässigkeits-, 
sondern nach Rechtsgründen. 
Die Verwaltung dagegen kennt neben Verfügungen, bei denen 
sie durch Gesetz oder ein zu berücksichtigendes Recht eines 
Privatmannes gebunden ist, Entschliessungen, welche in ihr freies 
Ermessen gestellt sind (actes de pure administration, actes du 
pouvoir discretionaire). Ist der Verwaltungsakt von einer un- 
zuständigen Behörde oder von der zuständigen Behörde unter 
Nichtbeobachtung der für das Verfahren vorgeschriebenen Form 
erlassen, so ist die Rechtsordnung in gleicher Weise verletzt, 
mag es sich um eine gebundene oder eine freie Entschliessung 
handeln. Dagegen kann, wenn die zuständige Behörde in der 
richtigen Form gehandelt hat, eine Verletzung der materiellen 
Rechtsordnung nur durch einen Verwaltungsakt erfolgen, dem 
durch die Gesetze ein bestimmter Weg gewiesen war; ein Akt 
des freien Ermessens kann zwar ein Interesse schädigen (interöt 
froisse), nicht aber ein Recht verletzen (droit lese). 
Um Sicherheit dafür zu bieten, dass die Verwaltung sich in 
den Schranken der Rechtsordnung hält, ist eine besondere Ver-
	        
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