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beschaffen, dass dabey vermöge der Landesverfassung der stän-
dische Oonsens erfordert werde“ ?”. Letzteres war aber der Fall,
wenn der Regent durch ein Privileg der Landstände „eigene
(Grerechtsame und Freiheiten“ einschränken wollte, z. B. sollte,
„wenn von seiten der Landschaft eine gewisse Summe bewilligt
ist, welche in die landschaftliche Kasse fliesst, der Fürst für
sich keine Befreiung von dieser Steuer erteilen“®. Was das Er-
löschen eines Privilegs anbetrifit, so liess die gemeinrechtliche
Theorie abgesehen von den aus „der Beschaffenheit des Privi-
legiums selbst“ sich ergebenden Verlustursachen zunächst die
Verwirkung durch — dolosen — Missbrauch von seiten des
Privilegierten zu: „nach gehöriger Untersuchung der Sache“
sollte hierauf — richterlich — erkannt werden, wenn der Miss-
brauch dem Staate besonders nachteilig war. Inwiefern aber
der Landesherr als Gesetzgeber ein erteiltes Priv.,
das eine Rechtsbegünstigung in sich schloss (wohltätiges, favo-
rables Priv.) einseitig widerrufen könne, war unter den Rechts-
lehrern sehr streitig! „Einige räumten dem Landesherrn hierin
ein freies und unumschränktes Recht ein.“ Andere unterschie-
den, ob das Priv. von dem Privilegierten aus blosser Gnade des
Regenten oder vermöge eines lästigen Vertrags erworben war.
Die herrschende Meinung nahm aber an, dass der Regent nur
dann, wenn er sich gleich bei der Privilegienerteilung durch
ausdrückliche Klausel den Widerruf vorbehalten habe (z. B. „auf
Wohlgefallen“ etc.), das Priv. zu allen Zeiten widerrufen dürfe;
solches Priv. nehme in der Tat die Natur eines Prekariums an.
Beim Fehlen einer derartigen Widerrufsklausel aber liege schon
in der Erteilung und Annehmung eines Privilegs — ohne
Rücksicht darauf, ob der Privilegierte eine Gegenleistung zu
machen habe oder nicht — ein Vertrag, der wie andere Ver-
° POTTER S. 244; Leist S. 299; GLück II 12.
8 HÄBERLIN II 188; PüTTER, Auserlesene Rechtsfälle II 4 S. 1047;
GERBER, Ges. jur. Abh. S. 472 £.