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aus dem materiellen Grunde, weil sie nur eine Form des vermögensrecht-
lichen Verkehrs sei.
I. geht ungemein vorsichtig zu Werk und bedient sich einer Anzahl
prinzipieller Unterscheidungen. Ehe er die Behauptung stellt und zu be-
weisen sucht, dass die juristischen Personen nach dem positiven Rechte der
gegenwärtigen Staaten Staatsangehörigkeit wirklich besitzen, untersucht er
an der Hand völkerrechtlicher und international-privatrechtlicher Rechts-
sätze und Rechtsbegriffe die blosse Möglichkeit dieser Qualifikation
nach rationeller Denkmethode. Er bereitet sich zu diesem Zwecke erst die
Begriffe der Staatsangehörigkeit und der juristischen Person vor und setzt
sie alsdann in Verbindung. Das heisst also im Ergebnis: Der Begriff der
juristischen Person und derjenige der Staatsangehörigkeit sind nach I. solche,
dass sie einander nicht ausschliessen. Die juristische Person ist der physi-
schen im Wesen, trotz sonstiger Verschiedenheiten, doch soweit gleich,
dass sie als der Eigenschaft der Staatsangehörigkeit rechtlich fähig anzu-
sehen sei.
Gegen diese Methode ist m. E. grundsätzlich nichts einzuwenden. Ja
sie ist bei der Verschwiegenheit, welche das positive Recht über diese
Fragen behauptet, als Methode um so mehr zu billigen, als die positive
Gesetzgebung aller Staaten nicht nur die juristischen Personen durch Ver-
leihung oder Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit geschaffen hat, sondern
unter ihnen überall auch den Unterschied inländischer und ausländischer
Eigenschaft in ganz bestimmten Regeln zum Ausdruck bringt. Das positive
Recht bestätigt die Rechtsfähigkeit auch der ausländischen juristischen
Personen, aber es setzt dieselben in vielen öffentlichen und privatrechtlichen
Beziehungen zurück, es gibt ihnen einen geminderten, nicht den vollen
Rechtsstatus der inländischen juristischen Personen. Ein Unterschied be-
steht also und es ist nur die Frage, ob die Parallelität, welche zwischen
diesen Unterschieden und denjenigen der inländischen und ausländischen
physischen Personen besteht eine so genaue ist, dass man berechtigt ist,
die Inländereigenschaft der physischen und der juristischen Person als
identisch zu erklären. I. anerkennt wohl, dass es zweierlei ist, ob man
(das positive Recht) die juristische Person nur wie einen Staatsangehörigen
behandelt oder ob man ihr selbst Staatsangehörigkeit zuerkennt. Er be-
hauptet, beides sei neben einander möglich und komme vor. Nun aber
frage ich: Wenn das positive Recht diesen Unterschied der echten und
unechten Staatsangehörigkeit j. Personen macht, die echte Staatsangehörig-
keit der juristischen Personen aber dennoch nicht ganz dasselbe ist wie die
echte Staatsangehörigkeit der pbysischen Personen, ist es alsdann vom
Standpunkte rationell wissenschaftlicher Untersuchung nicht doch geboten,
diesen Unterschied, ich meine gerade den Unterschied zwischen der St.A.
der juristischen und der physischen Person vor allem zu betonen?
Dies will aber I. durchaus nicht. Er betont mit Vorliebe das Gleich-
Archiv für öffentliches Recht. XXIII. 3 u. &. 35