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dass die Mahnworte des gelehrten und parteilosen Verfassers nicht die tat-
sächliche Bedeutung im Leben erreichen werden, die er annimmt oder
jedenfalls hofft. Die Punkte, die, konstruktiv gesehen und bei der Frage
von Stilreinheit, als unwesentlich aussehen können, sind eben die, die jeden-
falls psychologisch und faktisch ausschlaggebend sind. Die Klasse der
körperlich Arbeitenden wollen jetzt vorwärts und werden auch in Schwe-
den politische Parteiorganisationen hervorrufen, wie viel auch der Ver-
fasser theoretisch beweisen mag, dass feste Volksparteien nach Schwedens
Verfassung keine „Aufgabe“ haben. Logische Entgegnung ist einem Erd-
beben gegenüber ohne Erfolg. Die öffentliche Meinung will instinktiv
sich eben von ererbter Autorität nicht aufhalten lassen. Der Präsident
in Nordamerika holt seinen Stärketrunk, die Aufgaben der Verfassung,
auch der Vertretung gegenüber, auszuführen, aus den Stimmen der Wähler-
millionen,-die eben auch durch die Präsidentenwahl und die damit in Ver-
bindung gesetzte — sonst recht verderbliche — „Rotation“ eine Ablenkung
für die politische Leidenschaft finden. Niemand kommt durch die Bran-
dung zum „Weissen Hause“, ohne einen grossen Vorrat von Können und
Wollen, während die zufällig veranlagten Persönlichkeiten der Monarchie
gelegentlich in Schweden wie in England für den Zeitgeist abbiegen und
Popularität für Macht erkaufen.
Es hat sich auch eines unzweifelhaft gezeigt: während die Verfassung
Nordamerikas sich beinahe unverändert erhalten hat, wurde Schwedens
Verfassung faktisch seit 1809 hauptsächlich in allgemein-europäischen Rich-
tungslinien geändert, wenn auch der Verfasser den meisten der geschehenen
Aenderungen gegenüber behauptet, dass sie nicht den eigentlichen syste-
matischen Grundkern der Verfassung berühren.
Die unverantwortliche Königsmacht hat nicht vermocht, dem Zeitgeist
gegenüber die Lasten, die 1809 ihr auferlegt sind, zu tragen. Die Hilts-
mittel, die der Verfasser anweist, würden nicht helfen. Das allgemeine
Stimmrecht wird angenommen werden, und die Zweite Kammer wird die
führende Stellung erkämpfen. Welche Krisen für das Reich hieraus ent-
stehen werden, wie weit Stärke und Begrenzung bei den Staatsfaktoren, Demo-
kratie und Verantwortlichkeit hervorgearbeitet werden können, muss die Zu-
kunft entscheiden. Die Verfassung von 1809, die nicht mit Parteien, sondern
mit der durch den festen Gefühlsanschluss starken Königshand wirkt, hat
in Schweden sicher ihre Rolle ausgespielt, wie gut das innere Gleichgewicht
auch ausgedacht sein mochte. Soweit erkennbar, wird die zukünftige
staatsrechtliche Entwicklung nicht weniger interessant werden, wie die der
vergangenen Zeit. Der besondere Typus, der den Grundstein in Schweden,
dem kräftigsten und eigenartigsten der nordischen Reiche, bildet, wird
jedenfalls antreiben, die dortigen Erscheinungen mit besonderem Interesse
zu beobachten.
Kopenhagen, Rechtsanwalt Holten-Bechtolsheim.