— 5535 —
Dr. jur. M. Schlayer, Militärstrafrecht, Berlin, Springer 1904. Mk. 14.
3. Teil, 2. Band des Handbuchs der Gesetzgebung in Preussen und dem
deutschen Reiche von HUE DE GRAIS.
SCHLAYER behandelt das materielle Militärstrafrecht, das Verfahren
und besonders ausführlich das Disziplinarstrafrecht einschliesslich des Be-
amtendisziplinarrechts und des ehrengerichtlichen Verfahrens. Er erweist
sich überall als zuverlässiger Führer.
SCHLAYER nimmt mit dem RMG. an, dass der irrtümlich eingestellte
Ausländer nicht Militärperson werde, mithin sich weder der Fahnenflucht,
welche eine gesetzliche oder übernommene Verpflichtung zum Dienst vor-
aussetzt, noch überhaupt eines militärischen Delikts schuldig machen könne.
Dabei ist aber unerörtert geblieben, ob man nicht, an ältere Anschauungen
sich annähernd, doch den auf Grund gesetzlich geordneten, den Rechtsweg
ausschliessenden Verfahrens erlassenen Entscheidungen der zuständigen
Ersatzbehörden bindende Kraft beizumessen hat. Die Einstellung ist in so
hohem Grade Machtäusserung des Staates und der im Militärstrafgesetz
liegende Zwang zur Sicherung der Erfüllung des in der Einstellung ent-
haltenen Befehls so unentbehrlich, dass, wie es scheint, die Entscheidung
über das Vorhandensein der Dienstpflicht nur in einer Hand liegen kann.
Was nützen denn dem Staat Soldaten, die nicht zu gehorchen brauchen
und weglaufen dürfen! Es würde also der Begründung bedürfen, warum die
Tätigkeit der Ersatzbehörden, welche ein Lebensinteresse des Staates ver-
treten, in dieser Weise lahmgelegt werden darf. Das Militärstrafgesetzbuch
ist ja auch sonst in seiner Erstreckung auf Ausländer nicht engherzig.
Nach der jetzt herrschenden Auffassung dagegen, die sich auf $ 316 MStr@O.
nicht berufen kann, steht es jedem frei, den an sich ausgeschlossenen
Rechtsweg gegen die Einstellung ins Heer durch Begehung eines Ungehor-
sams zu eröffnen. Die Praxis trägt den hier erhobenen Bedenken wohl
vielfach dadurch Rechnung, dass sie, allerdings prozessual unrichtig, vom
Angeklagten den Beweis der Ausländereigenschaft, der oft sehr schwer zu
erbringen ist, fordert und sich im Zweifel auf den Standpunkt der Ent-
scheidung der Ersatzbehörde stellt.
Nach 8 38 des Reichsmilitärgesetzes gehören die gewöhnlichen aktiven
Soldaten dem aktiven Heere bis zum Ablauf des Tages ihrer Entlassung an.
Während man nun aus der kriegsministeriellen Verfügung vom 7. Februar
1902 herauslesen muss oder wenigstens kann, dass im Falle der militärischen
Untersuchung mit Beendigung der militärischen Dienstzeit die Ueberführung
zur Reserve ipso jure erfolgt, nimmt SCHLAYER zutreffend an, dass es auch
hier eines Entlassungsaktes bedarf. So auch einzelne Entscheidungen des
RMG. in nebenher gefallenen Aeusserungen, während eine ausdrückliche
Entscheidung hierüber noch fehlt.
Nach 8 76 MStrGB. verjährt die Fahnenflucht mit dem Tage, an dem
der Fahnenflüchtige, wenn er die Handlung nicht begangen hätte, seine
36*