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genössischen Interesses stehenden Fragen der genossenschaftlichen Ge-
staltung des modernen Staatenlebens ein, es fasst auch herzhaft mitten
hinein in den stachligen Umkreis der Fragen vom Recht und vom
„richtigen“ Recht, seiner Entstehung und materiellen Schwerkraft: — nichts
Humanes ist ihm in dem Umkreise fremd, und dennoch geht die Rechnung
am Ende nicht auf, es bleibt uns überall ein ungelöster Rest in Händen.
Es wäre verkehrt, wollte man ALBERT ZORN mit bequemer Anlehnung an
eine veraltete Terminologie zu den trostlosen „Leugnern“ des Völkerrechts
zählen: er zeigt in den gehaltvollen Detailschilderungen, zumal des Friedens-
rechts, gestützt auf einen geschickt und doch schmerzlos eingefügten
literarischen und Quellen-Apparat ganz klar erkennbar das greifbare Wirken
und Schaffen des rechtlich geordneten und gesicherten Zusammenschlusses
der Staatengenossenschaft. Er lässt deutlich den Linienlauf der wichtigen
Rechtsgebilde erkennen in der Lehre von den Rechtssubjekten, der völker-
rechtlichen Magistratur und in den ausgestalteten internationalen Ver-
waltungsbeziehungen.
In allen für Lehrende und Lernende wichtigeren Punkten bietet
ZoRNns Buch meist zutreffende und sichere Information; das gründ-
lich und gewissenhaft angelegte Register zeigt bei Stichproben, dass
für jede billig an ein Werk dieses Umfangs gestellte Frage die knappe
Antwort nicht versagt wird. Und dennoch bleibt dem, der etwas tiefer
gräbt, die unbefriedigende Empfindung nicht erspart: Verf. zeigt uns das
Wirken und Walten einer elementaren Kraft, er zeigt Resultate in Fülle, —
aber es will ihm nicht gelingen, sich und uns die causas movens klar
zu machen, das geistige Band, das diese vielen, grossen und kleinen Stücke
zu einer innerlich sich doch ergänzenden Einheit verbunden hält. Es wäre
wohl nutzlos und verkehrt, an dieser Stelle und angesichts der praktischen
Zwecke des in der Serie der Weberschen Katechismen nützlich und an-
regend wirkenden Buches das ganze tiefgreifende Problem des Völkerrechts-
prinzips pedantisch aufzurollen und von einem abseits liegenden Punkte
aus die Grundlehre des Verf. aus den Angeln zu heben; erheblichen prak-
tischen Erfolg kann ich mir für die Zwecke dieser Publikation von einer
solchen unblutigen Mensur nicht erhoffen. Da steht Ueberzeugung gegen
Ueberzeugung und Schule gegen Schule, selbst da, wo Verf. ganz offen-
mutig sich als Autodidakt erweist. Es bleibt somit als Antwort auf die
Hauptfrage das Ergebnis: ich würde das Buch jüngeren Kräften und einem
weitern Leserkreis trotz mancher Vorbehalte in Einzelheiten wärmstens
empfehlen, jedoch abraten dem Gedankengang des Verf. in den grund-
legenden Einleitungsparagraphen zu folgen. Ich fürchte, es käme sonst
mühsam Errungenes ins Schwanken, das richtunggebend als Gemeinbesitz
wirken könnte. Es besteht kein Bedürfnis, gerade an dieser Stelle die
Zahl der Einzelgänger zu vermehren und es ist nicht ohne Wert, wenn wir
in solchen Fragen dem Ausland gegenüber tamquam unum corpus