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der „allgemeinen Wählerklasse“ wählte, noch erweitert.
Bei den auf Grund des neuen Gesetzes vorgenommenen all-
gemeinen Wahlen im Jahre 1901 waren nämlich wahlberechtigt
in der Grossgrundbesitzerkurie 5431 Wähler mit 85 Mandaten,
in der Handels- und Gewerbekammerkurie 536 mit 21 Mandaten,
in der Städtekurie 493 404 mit 118 Mandaten, in den Landge-
meinden 1585 466 Wähler mit 129 Mandaten und in der fünften
Kurie (allgemeine Wählerklasse) 5 004 222 Wähler mit 72 Man-
daten. Es entfiel demnach durchschnittlich ein Abgeordneter im
Grossgrundbesitze auf 64 (in Schlesien sogar auf 16) Wähler, in
der Handels- und Gewerbekammerkurie auf 26, in der Städte-
kurie auf 4193, in der Landgemeindenkurie auf 12290, in der
allgemeinen \Wählerklasse endlich auf 67 503 Wähler.
Dieses Missverhältnis, das in dem bekannten Massen-
aufzuge der Arbeiterschaft vom 28. Nov. 1905 drastisch zum
Ausdrucke gebracht wurde, musste die Erkenntnis der Unhalt-
barkeit eines auf längst überwundener sozialer und wirtschaft-
licher Schichtung beruhenden Woahlrechtes in immer weitere
Kreise verbreiten und es konnte gewiss mit Recht neben den
nationalen Sonderbestrebungen auch die Unhaltbarkeit und Sy-
stemlosigkeit des Reichsratswahlrechtes als eine der Ursachen
der Aktionsunfähigkeit des österreichischen Parlamentes in den
letzten Jahren hingestellt werden, welcher durch die „Desarmierung
der sozialen und nationalen Parteien“ !” mittelst Neuregelung
des Wahlrechtes abgeholfen werden sollte. Bei diesem Stande der
Dinge bedurfte es nicht allzugrosser äusserer Impulse, um die Idee
des allgemeinen gleichen Wahlrechtes, welche doch
seit dem Beginne des Verfassungslebens in Oesterreich, wenn
auch nicht in den Verfassungsentwürfen und -Gesetzen rein
zur Geltung gebracht, dennoch als Kulturforderung der Zeit von
demokratischen Politikern und Parteien in- und ausserhalb des
17 Min.Präs. Fh. von BECK in der Sitzung des Wahlreformausschusses
vom 3. Okt. 1906 (Verhandlungen 8. 582).