Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 22 (22)

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reserviert ?°°. Als jedoch nach einer längeren und interessanten De- 
batte am 5. und 6. Okt. die Dringlichkeit der Reformanträge zwar 
formell abgelehnt worden war, aber dennoch die Majorität des 
Abgeordnetenhauses sich für dieselbe ausgesprochen hatte, ergriff 
die Regierung die Initiative zur Durchführung der Wahlreform. 
In der Sitzung vom 28. Nov. 1905 legte der Ministerpräsident Frei- 
herr von GAUTSCH, während ein nach vielen Tausenden zählen- 
der Demonstrationszug von Arbeitern durch die Strassen Wiens 
marschierte, in einer gross angelegten Rede die Grundsätze der 
Wahlreform, deren Einbringung für den Monat Februar des 
kommenden Jahres angekündigt wurde, dar. 
Am 23. Februar 1906 brachte die Regierung fünf Gesetz- 
entwürfe betreffend die Neuorganisierung des Reichsrates im 
Abgeordnetenhause ein. Nach einmonatlicher Debatte wurden 
die Entwürfe betreffend das Wahlrecht und die Wahl- 
ordnung für das Abgeordnetenhaus in erster Lesung ange- 
nommen und zur Beratung einem 49gliedrigen Ausschusse zuge- 
wiesen. Der Wahlreformausschuss begann seine Arbei- 
ten, welche vorzüglich dem schwierigen Probleme der Vertei- 
lung der Mandate an die Volksstämme und der Wahl- 
bezirkseinteilung galten, am 28. März und beendete die- 
selben in 62 Sitzungen am 29. Oktober 1906. 
Inzwischen war die Regierungsvorlage durch das am 2. Mai 
in das Amt berufene Ministerium des Prinzen zu HoHENLOHE 
in mehreren Punkten, namentlich durch Vermehrung der Zahl 
der Abgeordneten und Neuverteilung derselben an die Volksstämme, 
dann durch Aufstellung von besonderen Kautelen gegen die Aende- 
rung der Wahlbezirkseinteilung geändert worden. Das am 2. Juni 
1906 berufene Ministerium des Freih. von BECK nahm dagegen 
in Angelegenheit der Wahlreform „die Erbschaft beider voran- 
gegangenen Regierungen ohne Vorbehalt an“ und es gelang 
2° Rede des Min.Präs. Freih. vox GAU'TSCH in der Sitzung des Abg.Hauses 
vom 26. Sept. 1905 (Sten. Prot. XVII. Sess., 8. 31422).
	        
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