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gewalt unter Kontrolle des Ministers. Die Polizeikommissare
und Bürgermeister hingegen sind auf dem Gebiete der Landes-
polizei nur Organe des Präfekten.
b. Die Ortspolizei für das Gebiet einer Gemeinde zerfällt in
police municipale, die eigentliche und allgemeine Ortspolizei, und
police rurale, die landwirtschaftliche Polizei. Beide werden vom
Maire verwaltet, und es ist eine alte Streitfrage des französischen
Rechts, ob diese Verwaltung aus eigenem Recht der Gemeinde
oder in Ausübung staatlichen Hoheitsrechtes geschieht. Nach dem
Gedankengange der Üonstituante und der sich daran an-
schliessenden Gesetzgebung liegt allerdings eine Polizeigewalt
ex jure proprio der Gemeinde vor. Dieser Gedankengang ist
auch in der Theorie häufig und ausführlich, namentlich von
HENRION de PANSEY, begründet und verteidigt, in neuerer Zeit
aber vielfach bekämpft worden?. Das Gesetz vom 5. April 1884,
das jetzt die Delegation der Polizeigewalt enthält, bat die Frage
absichtlich unentschieden gelassen. Praktisch ist sie auch wohl
ziemlich gleichgültig, da die Kompetenzverhältnisse im Gesetze
vollständig geregelt sind und zwar in der Art, dass die allgemeine
sachliche Kompetenz der Landes- und ÖOrtspolizei dieselbe ist.
Das Einzelne über die formale Kompetenzverteilung und die
prozessualen Erfordernisse bei Erlass der polizeilichen Anord-
nungen durch die verschiedenen Polizeibehörden geht über den
Rahmen meines Themas hinaus, das sich nur auf die begriff-
liche Bedeutung und Beschränkung der Polizeigewalt erstreckt.
2. Die sachliche Kompetenz der Ortspolizei ist im Gesetz
vom 2. April 1884 art. 97 in folgender Weise bestimmt:
La police municipale a pour objet d’assurer le bon ordre,
la sürete et la salubrit& publiques. Elle comprend notam-
ment:
® Vgl. z. B. E. MırıeL, Des rapports des municipalites et du pouvoir
central en matiere de police 1897, vgl. auch M. Brock, Dietionnaire de l’ad-
Ninistration francaise 5e. &d. 1905, p. 2129.
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