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sehen wir das Streben nach dem Abnormen, Grandiosen: nirgends aber
wird mit sicherem Blick das Nächste erfasst oder gar in das Herz der Ma-
terie eingedrungen.
Das formelle Konkursrecht gliedert KOHLER in das Eröffnungsverfahren,
Gläubigergemeinschaft, Feststellungsverfahren, Konkursverwaltung und -Ver-
wertung, Lösung. Diese Gliederung ist sicherlich nicht geeignet, dem An-
fänger ein klares Bild von dem Konkursverfahren zu geben.
Zum mindesten müsste eine Formulierung der Aufgaben des Konkurs-
rechtes und die Teilung derselben unter die einzelnen Organe des Kon-
kursverfahrens vorangestellt werden. Auch sollte doch wohl das Verhält-
nis der verschiedenen Lösungsformen des Konkurses zueinander eine Be-
sprechung finden — besonders vom KoHLERschen Standpunkte aus, dass
der Prozess ein Rechtsverhältnis sei — ein Wort, das wir überall mit leuch-
tenden Augen verkündet sehen, das aber als theoretisches Programm nir-
gends gehalten ist, ein Leitmotiv ohne Verwendung!
So darf man die wissenschaftliche Wirkung des Buches wohl sehr
gering anschlagen.
Nun aber noch vom Standpunkte des Schülers.
Die konstruktiven Mängel des Systems beeinträchtigen die Brauch-
barkeit natürlich in hohem Grade. Ich glaube nicht, dass ein einziger
Leser aus dem Buche eine klare Vorstellung vom Prozesse bekommen wird,
trotz seiner ungeheuren Kürze. Auf 182 Seiten den gesamten Zivilprozess
einschliesslich Zwangsvollstreckung und Konkurs: mehr kann man ja doch
nicht verlangen. Aber besser wäre das Büchlein etwas länger gediehen
und brächte wirklich so viel, als der Anfänger braucht, um eine lebendige
Vorstellung von der Materie zu erhalten. — So ist es manchmal direkt zu
knapp. Was soll eine historische Einleitung von der Kürze, wie sie KOHLER
bringt — noch dazu die historischen Daten ohne jede pragmatische Ver-
knüpfung — in diesem Punkte ist unsere Rechtsgeschichte überhaupt noch
im Argen!
Manchmal ist KOHLER auch schwulstig und wie schon erwähnt fast
durchwegs künstlich in seinen Kunstruktionen. Ich kann also nicht glauben,
dass der Anfänger mit wirklichem Nutzen das Buch benützen wird — auch
der Genuss wird bei der abrupten Darstellungsweise KoHLERs kein sehr
grosser sein. Joseph Tuma, Passau.
Erich, Rafael, Ueber Allianzen und Allianzverhältnisse
nach heutigem Völkerrecht. Akademische Abhandlung.
Helsingfors 1907. 286 S.
Der Verfasser gibt zunächst eine Einleitung über Wesen und Arten
der völkerrechtlichen Verträge im Allgemeinen und wendet sich dann den po-
litischen Verträgen zu, um speziell den Begriff und die systematische Stel-