Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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lung, die Disqualifikation zu einer Organstellung, die vertragsmässige Ent- 
sagung auf ein Recht oder die Uebertragung eines Rechts. Der Verzicht 
im Rechtssinn ist eine einseitige Willenserklärung, durch welche frei- 
willig ein Recht aufgegeben, also vernichtet wird. Die sorgfältige 
Feststellung dieses Rechtsbegriffs und die Erörterung seiner Bedeutung im 
Gebiet des Privatrechts und im Gebiet des Öffentlichen Rechts bildet die 
Grundlage der weiteren Untersuchung. Diese betrifft die Frage, inwieweit 
der Verzicht auf subjektive öffentliche Rechte zulässig ist, wofern das Ge- 
setz selbst keine Anordnung darüber trifit, ob ein Recht verzichtbar oder 
unverzichtbar ist. Das Resultat dieser mit grossem Scharfsinn geführten 
Untersuchung, welche auf der von JELLINEK, System der subjekt. öffentl. 
Rechte, gegebenen Grundlage beruht, ist der Rechtssatz, dass der einseitige 
rechtsvernichtende Verzicht im öffentl. Recht nur auf Grund besonderer 
Rechtsnorm (Gesetz oder Gewohnheitsrecht) zulässig ist. An einigen be- 
sonders wichtigen Arten Öffentlicher Rechte wird die Geltung dieses Prin- 
zips durchgeführt; bei der grossen Zahl von Fällen, in denen die Verzicht- 
barkeit zweifelhaft ist und die Praxis der Verwaltungsbehörden und Ge- 
richte schwankt, kann der vom Verf. entwickelte Grundsatz, der freilich 
mit Vorsicht und keineswegs unbedingt anzuwenden ist, zur Richtschnur 
dienen. Laband. 
Heinrich Geffcken, Das Gesamtinteresse als Grundlage des 
Staats- und Völkerrechtes. Prolegomena eines Systems. 
Leipzig A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung Nachf. (Georg Böhme) 
1908 S. VI u. 61. 
Die Schrift will als ein Versuch aufgefasst werden, von einem einzigen 
beherrschenden Gesichtspunkt aus zu einem System des öffentlichen Rechtes 
zu gelangen. Dieser Gesichtspunkt soll das Gesamtinteresse sein, wofür sich 
der Verf. im Vorwort auf IHERING beruft. Aber schon IHERING müsste 
sich sagen lassen, es sei ja eigentlich selbstverständlich, dass die Rechts- 
sätze nicht zum Zeitvertreib der Juristen da sind, sondern menschlichen 
Zwecken dienen. So ist es denn auch nicht zu verwundern, dass die knappen 
Darlegungen des Verfassers in Betreff? der von ihm behaupteten Grund- 
lage des Staats- und Völkerrechtes den Leser nicht durch besondere Neu- 
heit frappieren. Erst bei reichlicherer Ausführung der vorliegenden Skizze 
könnte sich zeigen, ob der Satz: der Zweck ist der Schöpfer des ganzen 
Rechtes für die Prinzipienlehre des öffentlichen Rechtes wirklich fruchtbar 
gemacht werden kann. 
Der grösste Teil der Schrift steht jedoch mit diesem Thema nur in 
einem äusserst losen Zusammenhang und würde kaum viel anders lauten, 
wenn statt des Gesamtinteresses die Vernunft oder die Gewalt oder 
Sonst etwas als jene Grundlage gelten sollte. Der Schwerpunkt der Aus- 
führungen des Verfassers liegt vielmehr in seiner Gebietstheorie, wie es
	        
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