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schaftliche Produktion, hierbei aufrechterhalten bleiben soll. Der
Sozialismus will die jetzige Gesellschaftsordnung als Ganzes
beseitigen und sie durch eine neue, anders geartete ersetzen, bei
welcher alle Produktionsmittel im Eigentum der Gesell-
schaft stehen und die Erzeugnisse der gemeinwirtschaft-
lichen Produktion teils zum gemeinschaftlichen Ge-
brauch oder Verbrauch bestimmt, teils dem Einzelnen, sei
es nach Massgabe seiner Arbeitsleistung, sei es nach Massgabe
seines Bedürfnisses, von der Gesellschaft zugeteilt werden. Die
Sozialdemokratie endlich will eine sozialistische Gesell-
schaftsordnung nicht auf dem Wege allmählicher Entwickelung
und Umbildung, sondern durch die gänzlichke Umwälzung
(die Revolution) der bestehenden Ordnung herbeiführen, zu diesem
Zwecke auch die bestehende Staatsform vernichten und die
Arbeiterklasse in den Besitz der Staatsgewalt setzen. Ihre Be-
strebungen bewegen sich hiermit nicht nur auf sozialem, sondern
auch auf rein politischem Gebiete. Solange ihr eigentliches Ziel
noch nicht erreichbar ist, stellt die Sozialdemokratie eine Reihe
von Forderungen auf, die sofort innerhalb der heutigen Ge-
sellschaftsordnung durchgeführt werden sollen. Diese Forde-
rungen fallen in manchen Punkten mit denen der Sozialpolitik
zusammen oder berühren sich mit ihr. Die Bestrebungen der
Sozialpolitik und die der Sozialdemokratie werden daher bisweilen
von Unkundigen als wesentlich gleichartig und nur dem Grade
nach verschieden angesehen. Die Aehnlichkeit eines Teiles ihrer
Ziele verführt zur Verkennung der grundsätzlichen Unterschiede.
In neuerer Zeit ist eine Bewegung aufgetreten, die sich
weder als eine rein sozialpolitische noch als eine rein sozialistische
darstellt, sondern als ein Sprössling der Sozialpolitik und des
Sozialismus bezeichnet werden kann und manche Züge des Vaters
mit denen der Mutter in ihrem Antlitz vereinigt. Sie will nicht
wie der Sozialismus die ganze bestehende Gesellschaftsordnung
beseitigen und nicht durchweg die kapitalistische Produktions-