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oder (nach dem sogenannten Gebührenprinzip) unter Abstufung
des Preises je nach der Leistungsfähigkeit der Empfänger. Er
unterscheidet sich bei Unentgeltlichkeit der Leistungen von der
öffentlichen Armenpflege dadurch, dass seine Darbietungen
über das Mass des zum Lebensunterhalte Notwendigen hinaus-
gehen und nicht von der Bedürftigkeit des einzelnen Empfängers
abhängig sind, von der Wohltätigkeit aber dadurch, dass
die Hergabe keine freiwillige ist, sondern dass die betreffenden
Gresellschaftsklassen hierauf der Gemeinde gegenüber ein Recht
haben. Bei Aufbringung der durch Gegenleistungen nicht gedeckten
Kosten dieser Leistungen spielen die geringen Erträge des Ge-
meindevermögens eine ganz untergeordnete Rolle und können
daher ausser Betracht bleiben. Die Deckung des Kostenauf-
wandes muss mithin entweder durch Erhebung von Steuern oder
bei einer Abstufung der Gebühren, welche für die Leistung der
(remeinde zu entrichten sind, durch eine die Selbstkosten er-
heblich übersteigende Bemessung der Gebühren für einen Teil
der Gemeindeangehörigen bewirkt werden. In beiden Fällen
müssen die vermögenden Gemeindeangehörigen einen Teil der
Kosten- für die Lebensbedürfnisse der Minderbemittelten tragen
und zwar auf Grund einer ortsrechtlichen Verpflichtung. Es han-
delt sich beiden Massnahmen des Gemeindesozialismus also nicht
um Verwendung bestimmter Einnahmen der Gemeinde zu ge-
meinnützigen Zwecken, auch nicht um freiwillige Leistungen der
Bemittelten im Interesse der unbemittelten, sondern um eine
ortsgesetzliche Regelung, wonach bestimmte wirtschaftliche oder
geistige Bedürfnisse eines Teiles der Gemeindeangehörigen auf
Kosten des anderen Teiles zu befriedigen sind.
V.
Treten wir nun der Frage näher, ob und unter welchen
Bedingungen das preussische Kommunalrecht die Durchführung des
(temeindesozialismus zulässt, so werden wir zunächst feststellen