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nung von 1897 keine Gewähr leistet, abzielen, sind keineswegs
bloss interne Vorschriften, sondern bezwecken unzweifelhaft vor-
wiegend, diejenigen, welche Depeschen aufgeben, vor den durch
Verstümmelung entstehenden Nachteilen zu schützen. Die Tele-
graphenbeamten haben deshalb für vorsätzliche und fahrlässige
Verletzung dieser Vorschriften auch demjenigen, dessen Depesche
verstümmelt worden ist, und der dadurch Schaden erleidet, hie-
für einzustehen“.
Im zweiten Fall ist der Beklagte ein Postbeamter, der den
Betrag einer postlagernd adressierten, telegraphischen Postanwei-
sung an einen unbekannten Betrüger unter fahrlässiger Verlet-
zung der Vorschriften über Legitimationsprüfungen ausbezahlt
hatte!!. In den Urteilsgründen heisst es u. a.: „Soweit die
Dienstanweisungen (gemeint ist die vom Reichspostamt erlassene
allgemeine Dienstanweisung für Post und Telegraphie (ADA.))
Vorsichtsmassregeln bei der Aushändigung postlagernder Sen-
dungen usw. anordnen, begründen sie eine Amtspflicht nicht nur
gegenüber der vorgesetzten Behörde, sondern auch gegenüber
jedem der Beteiligten ’?..... Die hier einschlagenden Vorschrif-
ten sind in Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen zu $ 41 der
Postordnung vom 20. 3. 00 enthalten ”®..... Eine Fahrlässigkeit
bei Auszahlung des Geldes liegt vor“.
Beide Entscheidungen sind nach der üblichen Auslegung des
8 839 BGB. nicht zu beanstanden, und sie entsprechen sogar
der schon vor dem Inkrafttreten des BGB. herrschenden Praxis.
(oben 8. 200 ff). Nimmt man nun, was natürlich geboten ist, zu
den eben besonders angeführten Vorschriften die gleichwertigen
1! Urteil des OLG. Colmar vom 31. 7. 05. Arch. f. Post und Telegra-
phie von 07 S. 401 ff.
12 Aehnlich RG. bei BoLze Bd. 16 Nr. 205. Siehe dagegen über den
Charakter der Dienstanweisungen: MITTELSTEIN, Beitr. z. Postrecht. 1891
S. 7.
3 A, DA. V. 1.