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einander nichts gutzuschreiben brauche. So gelangt man zu
einem Gegenseitigkeitsverhältnis hinsichtlich des ganzen Auslie-
ferungsinstituts. Und wie die nüchterne Erkenntnis, dass man
am einfachsten auf seine Rechnung kommt, wenn man allgemein
Reziprozität vereinbart, die Grundlage des ganzen bildet, so
werden auch die vereinbarten Bestimmungen im einzelnen
von dieser Anschauung wechselseitiger Abrechnung beherrscht.
Auch für sie gilt die Gegenseitigkeit als leitendes Prinzip.
Exkurs. Der Nachweis für die Existenz des Begriffes
der Reziprozität im positiven internationalen Auslieferungsrecht
und seine fundamentale Bedeutung ist nicht schwer zu führen.
Die Mehrzahl der Auslieferungsgesetze bestimmt mit ausdrück-
lichen Worten, dass die Rechtshilfekonventionen die Gegensei-
tigkeit zur Basis zu nehmen haben.
Gleich das älteste unter den Extraditionsgesetzen, das b el-
gische vom 1. Oktober 1833 (v. MARrTITZ, Rechtshilfe Bd.
2 8. 77) gibt der Regierung die Ermächtigung, auf seiner
Grundlage Verträge abzuschliessen, und zwar ä charge de
r&eciprocite. Daran haben die Revisionen des Gesetzes vom
15. April 1868 und 1. Juni 1870, sowie die jetzt geltende Fas-
sung vom 15. März 1874 (v. MARrTITZ, Rechtshilfe Bd. 2, 8.
772; OLIVIER ET ERNST p. 6; BRANDNER supplement p. 137)
mit ihren späteren Erweiterungen nichts zu ändern gefun-
den. Schon 1833 war man der Meinung, dass man mit der
Bedingung der r&ciprocite einen im internationalen Recht selbstver-
ständlich gegebenen Standpunkt einnehme. „Il importe — so heisst
es in einem Bericht zu dem Auslieferungsgesetz — que l’extra-
dition ne puisse se faire qu’en vertu d’un trait€ qui stipule
la r&eciprocite...“ (entnommen v. MarrırTz, Rechts-
hilfe Bd. 2 8. 11 Anm. 24). Die belgische Regierung
darf nur & charge de reciprocit&E Konventionen abschliessen.
Was unter dieser Bedingung zu verstehen ist, wann sie als er-
füllt angesehen werden kann, sagt ihr das Gesetz nicht. Sie