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nach nicht wegen Verletzung eines obligatorischen Rechts des
Gläubigers, nicht aus $ 823, sondern aus $& 839, wegen „Ver-
letzung einer ihm gegenüber dem Gläubiger obliegenden Amts-
pflicht“. Aber es liegt auf der Hand, dass diese Konstruktion
lediglich eine Umschreibung der wirklichen Sachlage darstellt.
Das, was durch das Versehen des Beamten verletzt wurde, ist
eine Vertragspflicht der Verwaltung: Der Beamte tritt gar nicht
selbständig dem Dritten gegenüber, er ist das Werkzeug, dessen
sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit be-
dient, und dessen Verschulden die Verwaltung nach allgemeiner
Regel zu vertreten hat (BGB. $ 278) *®.
Darnach wird man sagen können, dass die Anwendung des
8839 BGB. auch auf diejenige Tätigkeit der Beamten, die ledig-
lich zum Zweck der Erfüllung privatrechtlicher, durch Vertrag
übernommener Verpflichtungen des Staats — dazu gehören die
zahllosen Verträge der Post- und Telegraphenverwaltung — er-
folgt, dem im BGB. selbst aufgestellten Grundsatz widerspricht,
wonach die Verletzung eines obligatorischen Rechts nicht als
zum Schadenersatz verpflichtende unerlaubte Handlung anzusehen
ist. Dass $ 839 eine Ausnahme von dieser Regel habe feststellen
wollen, ist nicht anzunehmen, und dürfte sich schwerlich beweisen
lassen.
Die Richtigkeit des eben aufgestellten Satzes wird durch
eine weitere Ueberlegung bestätigt: Auch wenn man, wie es von
einzelnen geschieht, von der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von
Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung für die Fälle ab-
sieht, in denen eine Vertragsverletzung gleichzeitig den
gesetzlichen Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllt — z.B.
Beschädigung der anvertrauten Sache durch den Verwahrer, mit
der Folge der Haftung aus Vertrag 8 688 ff. und Delikt 8 8231
#9 KLEWITZ a. a. O. S. 66 fi, wo unter anderem gesagt wird, dass es
an einem ausreichenden Grunde, die fiskalischen Beamten neben dem Staat
nach aussen noch besonders haften zu lassen, fehle.