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85. Besondere Gründe gegen die unbeschränkte
Haftung der Post- und Telegraphenbeamten
aus$839 BGB.
I. Die wichtigsten Gründe, die zu der Beschränkung, ja zum
Teil zu dem Ausschluss der Haftung. der Post- und Telegraphen-
verwaltung aus den ihrem Geschäftsbetrieb eigentümlichen Ver-
trägen geführt haben, und die Zwecke, die man damit verfolgte,
sind bereits oben angegeben.
Unter anderem ist dort gesagt, dass es nicht angehe, „die
Post einer ganz ins Ungewisse gehenden Verpflichtung zu unter-
werfen“. Diese Bemerkung stammt zwar aus einer Zeit, in der
die allgemeine Haftung des Fiskus noch nicht anerkannt war
wie jetzt durch das BGB.‘® (8 89), allein sie ist auch heute noch
richtig, was sich nicht nur an der Fortdauer der beschränkten
Haftung in Deutschland, sondern auch im internationalen Recht
zeigt, das fast dieselben Bestimmungen hat, wie sie im deutschen
Verkehr gelten. Aber warum ist sie richtig? Die Mittel des
Staats sind doch eigentlich unbeschränkt. Aber der Staat
müsste sich an den Beamten halten, dessen’ Versehen ihn ersatz-
pflichtig gemacht hatte, und der Beamte kann eine ins Unge-
wisse gehende Haftung nicht tragen.
Weiter heisst es, es sei unmöglich, die Verwaltung für jedes
kleine Versehen ihrer Beamten haftbar zu machen, da sich Fehler
in Anbetracht der besonderen Verhältnisse des Postdienstes nie
ganz vermeiden lassen. Auch das ist ein Grund für die Ver-
waltung, ihre Haftung zu beschränken; er spricht aber ebenso
dringend, ja dringender für die Beschränkung der Haftung der
Beamten. Trotzdem macht ihn $ 839 BGB. für jede, vorsätz-
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ableiten zu wollen. Gerade diese Zweckbestimmung würde an sich ungleich
viel dringender die volle Haftung des Staats als die der Beamten ver-
langen.
62 Drucks. Nr. 125 des preuss. Abg.Hauses 1851—52 S. 35 ff.
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