— 250 —
Recht des Reichspostgesetzes könnte hier durch die Landesge-
setzgebungen teilweise beseitigt werden !
Nun hat freilich das Reichsgericht in einem derartigen Fall ”°
die Haftung des Postfiskus verneint, wo diese an sich nach Lan-
desrecht hätte begründet erscheinen können. Das Versehen des
Postbeamten bei Vornahme einer Zustellung, das Anlass zu dem
Rechtsstreit gegeben hatte, lag zwar schon vor dem 1. Januar
1900; aber da es sich um das Geltungsgebiet des Code civil
handelte, nach dessen Art. 1384 die Haftung des Staats für seine
Beamten in Deutschland anerkannt wurde, so wäre die Rechts-
lage nach BGB. im wesentlichen wohl dieselbe, obwohl Art. 1384
die Ausübung öffentlicher Gewalt nicht erwähnt. In der Be-
gründung wird zugegeben, dass der Postbeamte selbst zwar sich
aus Art. 1382 Oode civil haftbar gemacht habe, die Haftung der
Postverwaltung aus Art. 1384 aber abgelehnt, weil „das Versehen
des Postbeamten eine nicht ordnungsmässige Ausführung der der
Postverwaltung obliegenden Vertragsverbindlichkeit bilde“, für
welches diese nach den Bestimmungen des Postgesetzes
nicht zu haften habe.
An der Richtigkeit dieser Entscheidung ist nun zwar auch
für das heutige Recht nicht zu zweifeln, aber die Begründung
wäre mindestens für das Recht der Staaten, die, wie Württem-
berg (AG. z. BGB. Art. 202) unterschiedslos „die im BGB. be-
stimmte Verantwortlichkeit anstelle des Beamten“ übernommen
haben, bedenklich. Denn ein Vorbehalt bezüglich der Postbe-
amten ist nirgends gemacht, der Staat hätte daher auch für ihre
Amtspflichtverletzungen einzustehen, soweit nach $ 839 BGB. die
Beamten selbst Schadenersatz zu leisten hätten. Die Art der
Amtspflichtverletzung, ob sie etwa zugleich unter $ 823 BGB.
fallen oder nur eine nach $ 839 als Amtsdelikt zu betrachtende
Verletzung der Vertragsverbindlichkeit der Verwaltung durch
den Beamten darstellen würde — ist dabei unwesentlich; wenig-
” RG. Bd. 57 8. 150 ft.