Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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zu stellen, nicht, weil sie einen anderen Standpunkt als die 
europäisch-kontinentalen einnähmen, sondern nur, weil sie die 
Reziprozitätsvoraussetzung in Abweichung von diesen nicht be- 
sonders zum Ausdruck gebracht haben. Es mag unentschieden 
bleiben, ob darin ein Ausfluss der das englisch-internationale 
Recht charakterisierenden Scheu, prinzipiell zu sprechen, gefun- 
den werden kann, jedenfalls wurzelt der Reziprozitätsgedanke im 
grossbritannischen Auslieferungsrecht der Sache nach so fest, 
wie irgendwo. An dieser Stelle kann das nicht näher ausge- 
führt werden, obschon Aeusserungen wie die von LAMMASCH, 
Auslieferungspflicht 8. 65: „heute hat England die Forderung 
der Reziprozität formell aufgegeben“, die sich lediglich auf den 
1878 veröffentlichten Report of the Royal Commission on extra- 
dition Nr. I, IV stützt und stützen kann, eine eingehende Wider- 
legung forderten. Die enge Verknüpfung von Recht und Pflicht, 
die das englische Auslieferungsrecht beherrscht, die ausserordent- 
lich weitgehenden Garantien, die man für die Feststellung, dass 
das Auslieferungsdelikt auch in England strafbar sein würde, 
verlangt, reden eine deutliche Sprache. Man vergleiche einmal 
Nr. VI in demselben englischen Report (abgedruckt z. B. van 
HEECKEREN VAN WASSENAER p. 88). Es war in Wirklichkeit 
nur ein die Auslieferung von Nationalen betreffender einzelner 
Punkt, bei dem man einen Verzicht auf die Reziprozität befür- 
worten zu können glaupte. Vgl. PHILLIMORE vol. I p. 551; 
BEAUCHET p. 61, 62; van HEECKEREN VAN WASSENAER p. 16; 
Le Poımtevin p. 36, 37. Man befand sich hier in einer Zwangs- 
lage: Entweder Reziprozität und absurde Konsequenzen, oder 
praktische Ausgestaltung des internationalen Strafrechts. (Siehe 
unten S. 33 Anm. 40). Man hat aber bald genug die absurden 
Konsequenzen in Kauf genommen und die Reziprozität aufs 
neue durchgeführt. Ein Blick auf die neuen Auslieferungsver- 
träge Grossbritanniens, z. B. mit Belgien vom 29. Oktober 1901 
(ÜLARKE p. 117 des appendix) beweist, wie wenig man geneigt 
Archiv für öffentliches Recht. XXV. 1. 2
	        
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