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wirtschaftlich-naturalen Begriff zurückgehe, so kann das unter
gewissen Voraussetzungen dex Ball sein. Ganz unmöglich er-
scheint uns aber — de lege lata — die Annahme, aus der Natur des
Eigentumsverhältnisses selbst, aus der Natur des gesellschaftlichen
Einflusses Rechtsbegriffe zu konstruieren, noch ehe wir darnach
gefragt haben, wie nach den positiven Rechtsnormen — Gesetzes-
recht und Gewohnheitsrecht — die Rechtsbegriffe sich gestalten.
Es ist richtig, dass das geltende Recht und insbesondere
das Eigentumsrecht nur aus seiner geschichtlichen Entwickelung
heraus verstanden werden kann; denn „ausserhalb der geschicht-
lichen Erfahrung gibt es für rechtliche Betrachtung überhaupt
nichts“ ?®®, Wenn aber und insoweit der Gesetzgeber das Eigen-
tum als unbeschränktes Recht hingestellt hat, — die nähere
Untersuchung dieser Frage soll unten stattfinden — dann lassen
sich schwerlich Beschränkungen im privaten oder öffentlichen
Interesse denken, die sich aus dem Begriffe des Eigentums
selbst ergeben sollen. Das ist ein ganz formaler Grund, dieser
schliesst aber nicht aus, dass dem „Reichtum des stark pul-
sierenden Lebens“ durch die juristische Konstruktion auf irgend-
welche Weise Rechnung getragen werden kann.
Es ist auch zuzugeben, dass der „natürlichen Bestimmtheit,
welche den Lebensverhältnissen innewohnt“, eine rechtliche Be-
deutung bisweilen zukommt. Dies zeigt sich dann, wenn das
positive Recht sich ausschweigt oder wenn es ein Verhältnis aus-
drücklich dem Ermessen des Richters anheimstellt?, — der
dann sachgemäss zu entscheiden hat — oder insoweit überhaupt
der Richter auf die Natur der Sache zurückzugehen verpflichtet
ist!, Wenn aber das Gesetz gesprochen, dann ist, insoweit es
das betreffende Verhältnis positivrechtlich geordnet hat, daneben
?® STAMMLER, Verw.Archiv Bd. 15 S. 15.
# VIERHAUS, Gerichtsbarkeit u. Verwaltungshoheit, V. Arch.-Bd. 11,
S. 222 ff., vgl. dort S. 227, 228.
#1 Vgl. BIRKMEXER a. a. O. S. 16.