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eine grosse Gehorsamspflicht gegenüber dem auf Rechtssätze sich
gründenden staatlichen Willen®. „Wir leben ... in einem
Staatswesen, das ganz Rechtsstaat ist und in dessen Gesetzes-
lücken nicht etwa der alte Polizeistaat fortlebt oder sich da
wieder einnisten darf“. Die Verwaltung hat demgemäss aus-
schliesslich nach Gesetzen zu erfolgen. Nur dann besteht ein
wirkliches Prinzip der gesetzmässigen Verwaltung.
Nach diesem ist „dem Staatsbürger gemäss seiner natür-
lichen Handlungs- und Bewegungsfreiheit rechtlich im Staate
alles erlaubt, solange nicht gesetzmässige Verbote und Ein-
schränkungen erfolgen“. Dies wird durch die Verfassungen be-
stätigt. Sie garantieren in der Regel die Unverletzlichkeit der
Freiheit der Person und des Eigentums”. Mag man nun diese
Bestimmungen juristisch auffassen, wie man will!0, so geht
daraus doch sicher hervor, dass sie „Schranken der Regierungs-
gewalt“ sind!®!, „Die Freiheitsrechte oder Grundrechte...
bilden Schranken für die Machtbefugnisse der Behörden, sie
sichern dem einzelnen seine natürliche Handlungsfreiheit im
bestimmten Umfange...*!® Durch die Verfassungen
wird also anerkannt, dass der moderne Rechts-
staat das Einzelrecht prinzipiell nicht an-
tasten will und dass im Zweifel die Präsum-
% Vgl. hierzu GERBER, Grundzüge d. d. Staatsrechts S. 48, 49 insbes.
Anm. 48: „Also sind die Verpflichtungen ... nicht Verbindlichkeiten,
welche auf individuellen Obligationsgründen beruhen, sondern sind nur ver-
schiedene Aeusserungen eines organischen Subjektionsverhältnisses.“
9 ANSCHÜTZ a. a. O. S. 325.
ww Göz a. a. O. S. 171.
% Vgl. Preuss. Verf.Urk. Art. 9; Sächs. Verf.Urk 8 27.
100 RÖNNE-ZORN, Preuss. Staatsrecht S. 150; MEYER-ANSCHÜTZ a.a. 0.
S. 799 und die dort Anm. 1 zitierte Literatur.
101 ZACHARIÄ, Staatsrecht Bd. 1 S. 443 Anm. 1.
102 LABAND a. a. O. Bd. 1 S. 138 vgl. auch die dort Anm. 1 u. 2 an-
geführte Literatur.