Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

— 30 — 
beobachtende Formen und Schranken festzusetzen, im übrigen 
aber auf den jedesmaligen allgemeinen Zweck zu verweisen und 
das im einzelnen Falle diesem allgemeinen Zwecke Entsprechende 
zu fordern“ 1%, 
Neben dem Gesetzesrecht kommt und gerade was unsere 
Frage anbelangt, heute mindestens in gleichem Umfange Ge- 
wohnheitsrecht zur Anwendung. Man kann sogar behaupten, dass 
dem Gewohnheitsrecht auf öffentlich-rechtlichem Gebiete eine 
grössere Bedeutung zukommt als auf zivilrechtlichem. Der Grund 
dafür ist, dass man die Verwaltung, wie sie der Rechtsstaat vom 
Polizeistaat übernommen hat, nicht plötzlich durch Rechtssätze 
binden konnte. Der Polizeistaat war gewöhnt, solche bei seiner 
Tätigkeit nicht zu beobachten. Er kannte nur Beamteninstruk- 
tionen. Wenngleich man diese stillschweigend zum Teil als 
Verwaltungsrechtssätze gelten liess!®, so war doch immerhin 
ein weiter Spielraum, ein „ Vacuum“(STIER-SOMLO), eine (grosse) 
„unbeabsichtigte Gesetzeslücke“ (AnscHÜTz) vorhanden, wo die 
Behörden noch immer nach freiem Ermessen tätig wurden. Der 
öffentlichen Verwaltung und damit auch der Polizei wurde aber 
durch die Errichtung von Verfassungen ihre Tätigkeit nicht 
etwa plötzlich unterbunden. „Soweit kein Rechtssatz_.da .ist,. wird 
doch verwaltet und es ist auch gut“!!, Aber dem Gedanken 
des Rechtssaates entspricht das nicht. -Er verlangt die rechtliche 
Gebundenheit der Verwaltung in jeder Beziehung. Soweit für 
eine vom Polizeistaate her bestehende Tätigkeit der Verwaltung 
kein Rechtssatz da ist oder geschaffen wird, muss sich ein 
solcher durch lange, gleichmässige Uebung, die zur Rechtsge- 
18 Vgl. Göz a. a. O. S. 156; JEBENS, Verwaltungsrechtliche Aufsätze 
1899 S. 60; RUÜMELINn, Gewohnheitsreeht. IHERINGs Jahrb. f. Dogm. Neue 
Folge Bd. 15 8. 153 ff., S. 230. 
18 OTTO MAYER a. a. O. Bd. 1 8. 120 ft. 
110 OTTO MAYER a. a. O. Bd.1 S. 131, sagt dies allerdings in Beziehung 
auf den Rechtsstaat. Vgl. auch WOLZENDORFF, Die Grenzen der Polizeı- 
gewalt Bd. 18. ], 2.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.