Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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des Individualismus und der Verwaltung das Entstehen und die 
tatsächliche Aeusserung einer gemeirsamen Ueberzeugung er- 
schweren, wenn auch nicht unbedingt verhindern“. Dadurch 
werden aber gerade für das wichtigste Gebiet, um das es sich 
bei unserer Frage handelt, gewohnheitsrechtliche Normen wieder 
ausgeschlossen. Sobald der Staat mit seinem Imperium auftritt, 
soll sich kein Gewohnheitsrecht bilden können. 
Den Spuren v. SARWEYsS ist OTTO MAYER gefolgt'’®. Er 
hält das Gewohnheitsrecht „als das ungesetzte, durch die tat- 
sächliche Uebung, die Gewohnheit erzeugte“, an sich für rechts- 
verbindlich. Aber diese Rechtsquelle sei in Wirklichkeit „nur 
für einen ganz engen Kreis von Bedeutung“. Der Rechtsstaat 
lässt seiner Meinung nach kein Gewohnheitsrecht aufkommen. So- 
weit kein Rechtssatz da sei, werde doch verwaltet!!”. „Die Ver- 
waltung ist .... nicht darauf angewiesen, ein nicht gesetztes 
Recht in ihrem Gegenstande selbst zu suchen und aufrecht zu 
erhalten“. Er bringt dies sogar in Verbindung mit dem Willen 
des Gesetzgebers, indem das Fehlen eines Rechtssatzes beweise, 
„dass die gesetzgebende (zewalt solche Eingriffe nicht zulassen 
wollte.“ Er kennt Gewohnheitsrecht nur in einer bestimmten 
Art, als „alte Gewohnheit“ und als „neues Gewohnheitsrecht*“. 
Beide sind wesensgleich. Jene soll sich gebildet haben auf dem 
(rebiete, wo ehemals Zivilrecht galt und damit auch die Rechts- 
quelle der Gewohnheit. Demgemäss solle sich auch das neue 
(rewohnheitsrecht nur bilden können, wo sich „die zu ordnenden 
Verhältnisse der öffentlichen Gewalt mehr in der Weise zivil- 
rechtlicher Verhältnisse gegenüberstehen'!®. Für das reine Unter- 
116 4, a. O. Bd. 1 8. 131 ff, S. 91 u. Anm. 16 S. 272 Anm. 2. Der An- 
sicht OrTroO MAYERs bat sich angeschlossen BRÄUER, Die Belastung der Ad- 
jacenten. Arch. f. öff. Recht Bd. 21 S. 523 ff., vgl. dort 8. 540 f., 587. Da- 
gegen v. SCHULTZENSTEIN i. Verw.Arch. Bd. 16, S. 206, 207. Gegen die 
Ausführungen von OTTO MAYER wendet sich STIER-SOMLO, Einw. d. bürger!. 
Rechts a. d. preuss.-deutsche Verw.R. 1900 S. 120 ft. 
117 Vgl. oben Anm. 110.
	        
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