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nie, dass nicht die Ueberzeugung für ein gewisses
Mass staatlicher Eingriffe in die Individual-
rechte sich Geltung verschaffte”. Und dasist
das Gebiet, auf dem sichGewohnheitsrecht für
das VerhältnisvonStaatund Untertanenbildet.
Den Ausführungen von OTTO MAYER ist sodann entgegen-
zuhalten, dass sie dem Prinzipe der gesetzmässigen Verwaltung
wenig Rechnung tragen. Denn wenn „doch verwaltet“ werden
kann, auch wo ein Rechtssatz fehlt, dann ist das eben noch ein
Stück Polizeistaat!?*. Im direkten Widerspruch steht aber dazu
die Aeusserung: „wo gesetztes Recht fehlt, da ist das so-ge-
wollt“ 12. Dann dürfte die Verwaltung doch auch nichts tun
„ohne Rechtssatz“1?*, Allerdings gibt es Fälle, wo das Schweigen
des Gesetzes, die Gesetzeslücke ein Reden ist. Es sind beab-
sichtigte Gesetzeslücken (lex cum tacet, clamat!). Ebenso gibt
es aber auch „unbeabsichtigte Gesetzeslücken“ '!?” und von diesen
kann man doch schwerlich sagen, dass sie „gewollt“ seien.
Wenn OTTO MAYER behauptet'!®, dass das verfassungs-
mässige Gesetz die staatliche Tätigkeit nur für besonders wich-
tige Gegenstände normiert habe, so mag dies zutreffend sein.
Aber daraus folgt noch nicht unbedingt, dass „für alle übrigen
die vollziehende Gewalt an sich frei“ ist und dass sie „aus
eigener Kraft, nicht auf Grund des Gesetzes“ wirkt. Daran
ändert nichts der Hinweis auf den sogen. „verfassungsmässigen
Vorbehalt“ des Gesetzes!®. Das ist nach OTTO MAYER das
vom Gesetz ergriffene Gebiet staatlicher Tätigkeit, auf dem die
128 Vgl. hierzu GERBER a. a. OÖ. S. 50.
124 STIER-SOMLO, Einw. d. bürgerl. Rechts S. 130.
125 ()rTO MAYER a. a. O. Bd. 18. 131.
126 Dies sagt OTTO MAYER, wie yon der Polizei, so besonders von den
öffentlich-rechtl. Eigentumsbeschränkungen;; vgl. Bd. 2 S. 185 ff, vor allem
Anm. 16; hierzu AnScHÜTZ a. a. 0. 8. 331.
127? Vgl. ANSCHÜTZ a. a. O. S. 350 ff.
128 Oro MAYER a. a. O. Bd. 18. 74.
120 Vg]. hierzu STIER-SOMLO, Die Einwirkung . S. 129 ff.