— 312 —
hunderts eine Reaktion geltend, indem die damalige Kameral-
wissenschaft!’ den bereits in der früheren Theorie vorhandenen
(segensatz von Sicherheits- und Wohlfahrtspolizei zum Ausgangs-
punkte für die Gewinnung eines den veränderten Verhältnissen
entsprechenden Polizeibegriffes benützt. Darnach soll die
„Mehrung der Vollkommenheit“ der Bürger zwar Staatszweck
sein, aber nur durch „Pflege“ herbeigeführt werden. Es ist die
„Polizei im weiteren Sinne“, wie man auch gesagt hat. Die
„Polizei im engeren Sinne“, die eigentliche Polizei, ist hingegen
auf die „Erhaltung des Sicherheitszustandes“, die „Fernhaltung
und Beseitigung der den Staat und den Einzelnen im Innern
bedrohenden Gefahren“ gerichtet!°®. Lediglich für diesen Zweck
soll der Staat mit Zwang tätig werden können. Die einzelnen
Schriftsteller sind dabei mehr oder weniger konsequent ’’”,
Wenn nun auch die Theorie im allgemeinen den Polizei-
begriff mehr und mehr zu verdichten bestrebt war, so ist doch
dem gegenüber zu betonen, dass auf die spekulative Weise, den
Staatszweck in einen Sicherheits- und Wohlfahrtszweck, die staat-
liche Tätigkeit in eine erhaltende und fördernde zu zerlegen,
ein befriedigendes Resultat für den Polizeibegriff nicht gewonnen
werden konnte. Denn jede Verwaltungstätigkeit lässt sich „eben-
sowohl vom Standpunkte des Negativen, d. h. der Abwehr und
der Beseitigung von Mängeln und Unvollkommenheiten, wie vom
Standpunkte des Positiven, also der Beförderung des Wohlstan-
des und der Wohlfahrt, auffassen “ 1°,
15° PUTTER, Institutione iuris publici germanici 1. Aufl. 1770; SONNEN-
FELS, Grundsätze der Polizei, Handlung und Finanz, 1. Aufl. 1770; v. BERG,
Handbuch des Polizeirechts 1799; SopDEn, Die Nationalökonomie Bd. 7:
Die Staatspolizei nach den Grundsätzen der Nationalökonomie 1817.
188 Vgl. den viel zitierten & 331 bei PÜTTER a. a. O.: „Ea suprema
potestatis pars, qua exercetur cura avertendi mala futura in statu reipubli-
cae interno in commune metuenda, dicitur politia. Promovenda salutis
cura proprie non est politiae. . .“
19 SCHILLING a. a. O. S. 476; Lönıne a. a. O. 110.
160 SCHILLING a. a. O. S. 491, 476, 477; v. GERBER a. a. O. 8. 31: