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die sich nicht innerhalb des hergebrachten Polizeibegriffs hält,
dieser hinfällig wird. Die Literatur in der Folgezeit betont da-
her das Zwangselenent als das für die Polizei wesentliche.
Man führt diese neue Richtung mit Recht auf BLUNTSCHLI
zurück. Er sagt: „Wie schon der Name Polizei deutlich darauf
hinweist, ist sie eine ganz spezifische staatliche und obrig-
keitliche Gewalt... Sie ist in ganz besonderem Sinne
Gewalt!“ Nun ist allerdings richtig, dass BLUNTSCHLI auch
den Zweck der polizeilichen Tätigkeit berücksichtigt, und er
nennt in dieser Hinsicht die Polizei „obrigkeitliche Sorge für
die öffentliche Sicherheit und Wohlfahrt in ihren täglichen Be-
dürfnissen“'%%. Er gibt auch an, wie die Polizeigewalt näher
zu begrenzen ist. Aber trotz alledem, ja man kann sagen ge-
rade deshalb steht er — wie wir weiter unten sehen werden —
im Gegensatz zu der modernen Auffassung. Die ganze Art,
wie er den Polizeizweck und die Grenzen der polizeilichen Tätig-
keit diskutiert!%% beweist, dass er hinsichtlich dieses Zweckes
noch ganz auf dem Boden der alten Polizeiwissenschaft steht.
Die Theorie nach BLUNTSCHLI knüpft an das Zwangsmoment
an und löst dieses vom Zweckmoment immer mehr los. Man
kann daher eine Art Rückbildung beohachten, insofern der Poli-
zeizweck allmählich zurücktritt. So steht schon L. v. STEIN mit
seiner Ansicht von dem „immanenten Prinzip“ der Verwaltung
auf dem Standpunkt, dass der Zwang für den Polizeibegriff
massgebend ist, wenn er auch später diese Auffassung gemildert
hat 16”, Am schroffsten ist wohl die BLUNTSCHLIsche Auffassung
bei Lönıng vereinseitigt, der in direkter Anlehnung an
BLUNTSCHLI behauptet: „Die Polizei ist... ein Mittel, das
auf allen Gebieten der Verwaltung zur Anwendung kommen
164 BLUNTSCHLI a. a. OÖ. Bd. 2 S. 172, 173.
185 BLUNTSCHLI a. a. O. S. 172.
‚®@ Vgl. a. a. 0. 8. 173 #.
7 Vgl. Lönıns, D. Verw.recht S. 8 Anm. 2.