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Diese vorstehende Auffassung entbehrt aber unserer Ansicht
nach jedes einheitlichen Prinzipes. Auf der einen Seite erblickt
man in dem Polizeibegriff materielles Recht, auf der anderen
nimmt man ihm gegenüber einen ganz formalen Standpunkt ein.
Es ist durchaus nicht einzusehen und wird auch keineswegs
konsequent durchgeführt, dass es Verwaltungsrechtssätze
gibt, welche nicht „polizeilicher“ Natur sein sollen, selbst die
Finanzgesetze nicht ausgenommen.
Wir glauben, dass, wenn man diesen Gegensatz verstehen
will, wie einst am Finde des Polizeistaates, ein weiterer und
einengerer Polizeibegriff auseinander gehalten werden
müssen, dass in unserem Rechtssystem ein Nachhall davon ver-
borgen liegt. Ehemals umschrieb man mit dem weiteren
Polizeibegriff die Tätigkeit des Staates auf dem Gebiete
der inneren Verwaltung überhaupt, mit dem engeren aber die
staatliche Tätigkeit für den Sicherheitszweck. Heute wird der
Staatszweck nicht mehr differenziert. Die Aufgaben, die der
moderne Staat sich gesteckt hat, kommen, soweit sie mit Herr-
schermacht durchgeführt werden sollen, in den positiren Normen
Gesetzesrecht und Gewohnheitsrecht, zum Ausdruck !#,
Die Polizei ist nun diejenige staatliche Tätigkeit, welche
Jene Verwaltungssätze zur Durchführung bringt. Sie ist also in
dieser Hinsicht tatsächlich die gesamte „obrigkeitliche Gewalt“,
die „Zwangsgewalt“, mit der die Verwaltungsbehörden ausge-
rüstet sind zwecks Eingreifens in die persönliche oder die Ver-
mögensfreiheit der Untertanen. Es ist die nach dem Prinzipe
der gesetzmässigen Verwaltung wirksam werdende Staatsgewalt.
In dieser Hinsicht haben wir es — genau wie bei der BLUNT-
SCHLIschen Formulierung — mit einem staatsrechtlichen Begriff
der Polizei zu tun, sodass auch die Definition von LABAND,
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182 GEERBER a. a. OÖ. S. 82, 33 Anm. 5; LABAND a. a. O. Bd. 2 8. 173;
FORSTEMANN a. a. O. S. 13; WOLZENDORFF a. a. O. Bd. 18. 2.
Archiv für öffentliches Recht. XXV, 2. >21